Brandenburg Brandenburg: Physik-Abitur mit 15 Jahren

Frankfurt/Oder/dpa. - Franz (18) schaffte es, den Darm einerMini-Heuschrecke aufzuschneiden, und verfehlte dennoch knapp dieReise zur Internationalen Biologie-Olympiade nach Südkorea. Andreas (15) berechnete den Auftrieb von Segelflugzeugen und wurde wieder einmal Sieger der Physik-Landesolympiade. Richard (15) bekam einen Sonderpreis bei «Jugend forscht», weil er eine Methode fand, die Störgeräusche beim Telefonieren per Handy verhindert.
Die Drei haben verschiedene wissenschaftliche Interessen, abereine Gemeinsamkeit: sie lernen alle am Gauss-Gymnasium Frankfurt(Oder). Die Lernstätte für Hochbegabte ist eines von rund zehnnaturwissenschaftlichen Spezialgymnasien in den neuen Bundesländern.
Alljährlich ragen etwa bei «Jugend forscht» Schüler aus dem OstenDeutschlands besonders heraus. Der Grund: Zwischen Ostsee undErzgebirge waren zu DDR-Zeiten Spezialschulen eingerichtet worden,die es so im Westen kaum gibt. Unter den Nachwuchsforschern wiederumsind die aus Frankfurt (Oder) Spitze. Über 30 Bundesfinalteilnehmerkamen seit 1991 von der Oder - mehr als aus jedem anderen Ort.
490 Jungen und Mädchen lernen am Gauss-Gymnasium. Direktorin RitaLange beschreibt, wie sie sich von vielen Altersgenossenunterscheiden: «Es sind Spitzenleute. Sie stellen viele Fragen, dieeinem als Lehrer manchmal unangenehm sind, weil man nicht sofort eineAntwort darauf findet. Und sie beschweren sich, wenn ein Lehrer ihnennicht genug beibringt.»
Alle «Gaussianer» belegen im Gegensatz zu anderen Gymnasiasten biszum Abitur drei naturwissenschaftliche Fächer, außerdem Zusatzkursewie Informatik oder Astronomie. Zudem können sie außerhalb desnormalen Unterrichts in gut ausgestatten Laboren tüfteln, etwa für«Jugend forscht», oder sich in schuleigenen Leistungszentren aufOlympiaden vorbereiten. «34 Wochenstunden wären Pflicht, 38 bis 40Stunden sind hier üblich - und das freiwillig», sagt Lange.
Eine 1,0 als Durchschnitt auf dem Abi-Zeugnis ist alles andere alsselten, auch das Überspringen von Klassenstufen. Andreas etwa ist mit15 Jahren schon Elftklässler. Er hat bereits sein Physik-Abi in derTasche. «Ich beschäftige mich in meiner Freizeit immer mit Physik unddenke mir Aufgaben aus», erzählt der schüchternd wirkende Junge undnennt auch sein Motiv. «Man kann mit der Physik viele Dinge erklären.Ich bin neugierig und will wissen, wie was funktioniert!»
Während er sagt, er habe sich für die Landesolympiade Physik nichtextra vorbereitet, wurden viele seiner Mitschüler wochenlang von denOlympiabeauftragten der Schule getrimmt. Dabei gehen sie weit überden normalen Lehrbuchstoff hinaus. Stolz berichten diese Lehrer,welche Früchte dies getragen hat. «Wir haben in den vierAltersklassen drei Landessiege errungen, außerdem vier erste Preise,zwei zweite Preise und zwei Dritte Preise», berichtet Reiner Bohn,Landesbeauftragter für die Physikolympiade.
Trotz alternder Gesellschaft: Jedes Jahr strömt neuerwißbegieriger und hochbegabter Nachwuchs auf das Gymnasium. «Der Runauf unsere Schule wird immer größer», sagt die Direktorin. DieSchule, die vor einiger Zeit in ein größeres Gebäude umgezogen ist,stoße auch dort schon wieder an ihre Kapazitätsgrenze.
Doch von den Absolventen, von denen 90 Prozent studieren,profitieren Brandenburg und Deutschland nur teilweise. «Es bleibtkaum jemand hier. Die jungen Leute gehen als Wissenschaftler liebernach Norwegen, Schottland oder in die USA», sagt Frank Heinrich,Landesbeauftragter für die Biologie-Olympiade.