Brandenburg Brandenburg: Fotomodell beim Sado-Maso-Sex erwürgt
Potsdam/MZ. - Der Vorsitzende Richter Frank Tiemann begründet drei Stunden lang im Potsdamer Landgericht das Urteil gegen Michael F. Der 39-jährige Hobbyfotograf und Dinosaurierforscher aus Mainz ist angeklagt, im Juli 2008 ein 20-jähriges Fotomodel in Beelitz-Heilstätten (Brandenburg) umgebracht zu haben.
Der Angeklagte hatte bis zum Schluss behauptet, er habe seine Bekannte bei einem von beiden vereinbarten sadomasochistischen Sex-Rollenspiel maximal 40 Sekunden gewürgt - und unbeabsichtigt getötet. Das lässt der Richter nicht gelten. Gerichtsmediziner hatten "überzeugend" dargelegt, dass die Frau "mindestens zwei Minuten" gewürgt wurde. "Daraus folgt, dass der Angeklagte sie vorsätzlich erwürgt hat."
Dann wendet sich der Richter an die Zuhörer im vollen Saal: "Stellen Sie sich vor, jemand beginnt jetzt, Sie kräftig zu würgen." Er senkt den Blick. Schweigt. Die Sekunden dehnen sich. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagt Tiemann: "Das waren jetzt zwei Minuten." Das Räuspern der Zuhörer wirkt fast erleichtert. Mit seiner Demonstration belegt der Richter sein Urteil: zehn Jahre Haft wegen Mordes und Störung der Totenruhe. Denn Michael F. habe sich nach dem Mord sexuell an seinem Opfer vergangen.
Mit seiner Vorführung will der Richter dem Angeklagten verdeutlichen, dass dieser sich in seiner Erinnerung täuscht. "Der Angeklagte war der Einzige, der dabei war. Wir glauben ihm aber nicht und sagen ihm, wie es wirklich war", sagt Tiemann. Er teilt die Auffassung des psychiatrischen Gutachters, der dem Angeklagten "schwere seelische Abartigkeit" attestierte. Deshalb ordnet das Gericht auch die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Michael F. werde erst entlassen, wenn er als ungefährlich gilt. Nach Ansicht des Gutachters hatte der Angeklagte seit Jahren in einer virtuellen Parallelwelt aus sadomasochistischen Fantasien und sexuellem Sadismus gelebt. So fanden die Ermittler bei Michael F. 2 000 Filme, die zeigen, wie Frauen beim Sex getötet werden.
"Trotzdem ist der Angeklagte, kein abgebrühter eiskalter Unhold", sagt Tiemann. Er habe sich in das Model offenbar verliebt, beide schickten sich über Monate Nachrichten übers Internet. Sie teilten ihre sadomasochistischen Fantasien, wollten eine Vergewaltigungsszene nachspielen und schrieben an einer entsprechenden erotischen Geschichte. Der Angeklagte habe die Tat wohl nicht geplant. Doch als das Model schlafend im Bett lag, hätten sich die "über Jahre unterdrückten Fantasien Bahn gebrochen", so Tiemann.
Weil Michael F. das Model zur Befriedigung seines Sextriebes getötet habe, sei es ein Mord. Sein Anwalt hatte maximal drei Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung gefordert: "Der Angeklagte geht weiter von einem Unfall aus." Deshalb werde er wohl in Revision gehen.