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Blues-könig der DDR Blues-könig der DDR: Hofmusik von einem, der nie ein Hofmusiker war

02.12.2011, 14:15

Halle (Saale)/MZ. - Eigentlich währte die Karriere des Stefan Diestelmann kaum sechs Jahre. Mit drei Langspielplatten namens "Folk Blues Band", "Hofmusik" und "Folk, Blues & Boogie" gelang es dem Autodidakten in dieser Zeit, zum Blueskönig des Ostblocks zu werden. Im Unterschied zur Konkurrenz, etwa der Band Engerling, bei der er ein kurzes Gastspiel gegeben hatte, verzichtete der Komponist, Sänger, Gitarrist und Mundharmonikaspieler auf alle Verweise zur Rockmusik. In seiner Begleitband gab es keinen Schlagzeuger und keine E-Gitarre. Diestelmann orientierte sich am Blues der Afroamerikaner und übertrug ihn aus dem Bauch heraus auf die Verhältnisse in der DDR. Was zuerst für Staunen und Verwunderung sorgte, dem noch nicht einmal 30-Jährigen aber auch das Wohlwollen der Behörden einbrachte, weil der Blues als Musik der vom Kapitalismus Unterdrückten galt, entpuppte sich bald als Hitmusik. Diestelmanns "Reichsbahnblues" begeisterten die unangepasste DDR-Jugend, ermutigten den Musiker auch, kritischer zu werden. Neue Stücke wie "Der Alte und die Kneipe" riefen die staatlichen Kulturüberwacher und die Staatssicherheit auf den Plan. Diestelmann wurde jetzt vorgeworfen, die DDR-Realität "übertrieben negativ" zu schildern. Der Musiker, der gerade noch im "Palast der Republik" auftreten durfte, fiel in Ungnade und bekam in immer mehr DDR-Bezirken Auftrittsverbote.

stk

Video vom letzten Interview: www.mz-web.de/diestelmann