Bizarrer Streit um Geld Bizarrer Streit um Geld: Darum fahren in Gotha die Busse doppelt

Nichts gegen Gotha. Ein hübsches uraltes Städtchen in Westthüringen. 1875 wurde dort im Tivoli der Vorläufer der Martin-Schulz-Partei gegründet, es gibt das prächtige Schloss Friedenstein mit seinem weltberühmten Ekhof-Theater und einen unschlagbaren Service für alle Gothaer, die mit dem Bus durch die Stadt fahren wollen: Wenn sie an einer Haltestelle warten, kommen immer gleich zwei Busse. Zuerst einer, dann kurz danach ein anderer. Die Gothaer können sich aussuchen, wo sie einsteigen wollen. Auf fünf Linien in der Stadt und sechs Linien im Umland. Es ist egal, wo sie einsteigen, beide Busse fahren exakt die gleiche Strecke. Sie zuckeln hintereinander her wie kleine Enten der Entenmama.
„Blanker Wahnsinn“, sagen etliche Gothaer. „Was das alles kostet.“ Und steigen in den selten vollen Bus. Was auf den ersten Blick wie überbordende Fürsorglichkeit für Nicht-Autofahrer und Nicht-Radler aussieht, ist die Folge eines seit gut drei Jahren bitter ausgetragenen Streites, der jetzt im Winter auf eigenartige Weise eskalierte. Seit dem 1. Januar 2017 zuckeln nämlich gleich zwei Busunternehmen durch Gotha. Auf den gleichen Linien und immer direkt hintereinander.
Zwei Streithähne
Es gibt zwei Streithähne. Sie zeichnen sich durch Hartnäckigkeit und Unnachgiebgkeit aus. Auf der einen Seite die Regional Verkehrsgesellschaft (RVG) und auf der anderen das Busunternehmen Steinbrück, das bislang für die RVG durch die Gegend fuhr. Natürlich geht es bei dem Streit um einen Haufen Geld. Die RVG wirft dem alten Busunternehmen vor, zu viel Geld zu verlangen. Das Busunternehmen Steinbrück würde auf dem Rücken der Steuerzahler unfaire Forderungen stellen, so der Vorwurf. Unfug, widerspricht der Busunternehmer: „Ich verlange nicht zu viel - ich bekomme zu wenig.“ Und weil sich beide Seiten nicht einigen konnten, heuerte die RVG ein anderes Busunternehmen an, das für Steinbrück einspringen sollte.
Busunternehmer Steinbrück wiederum pocht auf einen bis Juni 2019 laufenden Vertrag. Den will er einhalten und deshalb fährt er weiter mit seinen Bussen durch Gotha. Auf den vereinbarten Linien, zu den vereinbaten Zeiten. Laut RVG kosten allein die neuen Firmen zwischen 320000 und 370000 Euro im Monat.
Es geht um Millionen-Forderungen
Natürlich liegt der Streit, es geht um Millionen-Forderungen, längst bei Gericht und soll Mitte März entschieden werden, wobei die Streitparteien schon angekündigt haben, das Urteil nicht hinzunehmen, sollte es nicht entsprechend ausfallen. Nicht nur der alte Busunternehmer ist sauer, auch die RVG, die dem früheren Geschäftspartner vorwirft, er kassiere nun Fahrgeld, das ihm gar nicht zustehe. Es sieht auch nicht so aus, als würde sich der Streit noch halbwegs gütlich glätten lassen. „Ich werde keinen ungerechtfertigten Subventionszahlungen zustimmen", verkündete kürzlich CDU-Landrat Konrad Gießmann. Worauf ihn der Anwalt des hinterherfahrenden Busunternehmers gleich zum Rücktritt aufforderte.
Kein Happy End in Gotha in Sicht. Also werden weiterhin immer zwei Busse durch die wunderschöne alte Stadt fahren, wie Brüderlein und Schwesterlein, auf derselben Linie, hintereinander. So lange, bis ein Gericht endgültig entscheidet. Oder einem der Streithähne der Diesel ausgeht.