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Bielefeld Bielefeld: Schornsteinfeger-Mörder muss in Psychiatrie

Von Matthias Benirschke 21.01.2010, 16:28
Der 54-jährige Täter sitzt am 07.01.2010 im Bielefelder Landgericht.
Der 54-jährige Täter sitzt am 07.01.2010 im Bielefelder Landgericht. dpa

Bielefeld/dpa. - Das Landgericht Bielefeld folgte am Donnerstag den Anträgen vonAnklage und Verteidigung. Der 54-Jährige hatte zugegeben, denSchornsteinfeger Anfang Juli 2009 im Wahn erschlagen zu haben. Erhabe ihn für einen «Sendboten der Verschwörung» gehalten undhinterrücks mit Axt und Beil getötet. Der Mann werde sicherlich sehrlange in der Klinik bleiben müssen, sagte die Vorsitzende RichterinJutta Albert in der Urteilsbegründung.

Rückblick: 7. Juli 2009, 9.15 Uhr. Der 42 Jahre alteSchornsteinfegermeister betritt den Hof in Petershagen. Er soll dieHeizungsanlage inspizieren. Der 54-jährige Oberamtsrat aus demniedersächsischen Wirtschaftsministerium ist im Haus, hat schon sechsbis sieben Flaschen Bier getrunken. Eigentlich hatten ihm «dieStimmen» wieder einmal befohlen, sich umzubringen, sagt er später derPolizei. Im Treppenhaus hängt noch ein Strick von einemfehlgeschlagenen Selbstmordversuch im April.

Der Schornsteinfeger habe ihn hämisch angegrinst und über die alteHeizung gelästert. Da habe ihm eine Stimme befohlen: «Töte ihn!» Alsder Schornsteinfeger an der Heizung arbeitet, nimmt der 54-Jährigeein Beil und schlägt von hinten auf den Mann ein. Es war «zweifellosMord», sagte die Richterin. Der 54-Jährige sei sich der Wehrlosigkeitseines Opfers bewusst gewesen. Zugleich habe ihm aber die Einsicht insein Handeln gefehlt. Die Konsequenz dieser «sinnlosen Tat» könne nurdie Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik sein.

Auch ein psychiatrischer Gutachter hatte im Prozess eineEinweisung als zwingend notwendig bezeichnet. Der Mann sei eineGefahr für die Allgemeinheit. Grund sei eine schizo-affektivePsychose. Diese Erkrankung ist gekennzeichnet von starkenStimmungsschwankungen. Depressionen und Schizophrenie wechseln sichab. Die Ursache für Schizophrenie mit Denkstörungen undHalluzinationen kann etwa in der familiären Situation liegen.

Der Psychiater hatte den Lebensweg des alleinstehenden,kinderlosen 54-Jährigen nachgezeichnet. Die Mutter sei seine einzigeBezugsperson. Der im Jahr 2000 gestorbene Vater habe den Sohn immerwieder als Versager geschmäht und schließlich enterbt, weil der denelterlichen Hof nicht halten konnte und 1980 aufgab. Die Mutter habeihm erzählt, er sei ein unerwünschtes Kind gewesen. AlsSiebenjähriger sei er von einer Gruppe Jungs vergewaltigt worden.

Nach dem Urteil wirken alle Beteiligten erleichtert. Auch dieAngehörigen - Ehefrau, die beiden Kinder und zwei Brüder, die denProzess als Nebenkläger verfolgt haben - betonen, dass sie dieEinweisung für die einzig richtige Lösung halten. Und die Richterinhebt ausdrücklich hervor, dass dies ohne zeitliche Begrenzungerfolge. «Die Unterbringung ist das schärfste Sanktionsmittel, daswir haben.»