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Betrüger Betrüger: Friseurmeister praktiziert als Arzt

05.10.2001, 15:28
Der Angeklagte Klaus Dimler
Der Angeklagte Klaus Dimler dpa

Traunstein/dpa. - Die berufliche Karriere des aus Wittgendorf in Sachsen-Anhaltstammenden Mannes begann mit der Eröffnung eines Friseurgeschäftesin der Nähe von Köln. Wegen gesundheitlicher Probleme gab derHandwerker den Laden jedoch 1977 auf und sattelte in München aufHeilpraktiker um. Die Prüfung bestand er laut den Ermittlungen derStaatsanwaltschaft mit Ach und Krach und erhielt 1979 dieGenehmigung zum Führen einer Heilpraktiker-Praxis.

Doch dies genügte dem Coiffeur nicht. 1981 beantragte er beimbayerischen Innenministerium in München die Arztzulassung und legtegefälschte Studienabschlüsse sowie eine falsche Doktorurkunde vor.Die Ministerialbürokratie fiel auf den Schwindel herein und erteiltedem Friseur die begehrte Approbation. Wieder zwei Jahre späterstrebte der falsche Arzt nach noch Höherem und leimte auch das fürTitel zuständige Kultusministerium des Freistaates. Nach Vorlagegefälschter Dokumente durfte er sich tatsächlich «Dottore» nennen,was er als Legitimation des deutschen Doktortitels ansah. Fortanfirmierte er als «Dr.».

Von nun an ging's steil aufwärts. Zwischen 1983 und 1994 betriebder falsche Doktor mit Erfolg eine Arztpraxis im oberbayerischenKurort Bad Aibling, wo er sich nach den Ermittlungen derAnklagebehörde einen stattlichen Patientenstamm erwarb.Zwischendurch war er Chefarzt einer Kinder-Rehaklinik in Samerbergbei Rosenheim, ohne dass irgendjemand Verdacht geschöpft hätte. 1997eröffnete er dann am noblen Tegernsee eine Praxis ausschließlich fürPrivatpatienten.

Nach ersten Verdachtsmomenten wurde ihm 1999 die Approbation alsArzt entzogen. Dies hinderte den mittlerweile 56-Jährigen aber nichtdaran, zeitweise als Assistenzarzt in einer Klinik in Bad Aibling zuarbeiten und im nahen Bad Feilnbach erneut eine Arztpraxis zueröffnen. In den knapp 20 Jahren als falscher Doktor dürfte derFriseur einige Millionen Mark verdient haben. So stellte er in einemFall eine Rechnung über fast 100 000 Mark aus.

Nachdem einige seiner Privatpatienten Verdacht schöpften, flogder Schwindel Anfang März dieses Jahres endgültig auf. Im Prozessinteressieren sich die Richter der 2. Strafkammer vor allem für jeneFälle, bei denen der Friseur und Heilpraktiker Kranken Kortisonspritzte, aber stets sagte, er verwende ein von ihm eigensentwickeltes Hühnereiweiß-Präparat. Sogar kleine Kinder mit Pseudo-Krupp behandelte der falsche Arzt mit seiner «Spritzen-Kur», auchwenn die kleinen Patienten sich vor Schmerzen krümmten. EinErwachsener klagte nach Infusionen über Atemnot und Herzrasen.

Für den Prozess vor der 2. Strafkammer des TraunsteinerLandgerichts (Az: 201 Js 39536/00) sind zwei Verhandlungstagevorgesehen. Acht Zeugen und eine Sachverständige sind geladen. Mitdem Urteil wird am nächsten Donnerstag (11. Oktober) gerechnet.