Rassismus Berliner Schüler bei Klassenfahrt rassistisch beleidigt
Die Grundschulzeit endet für Schüler aus Kreuzberg mit einer Klassenfahrt nach Mecklenburg-Vorpommern. In Greifswald treffen sie auf Schüler aus Brandenburg - und erleben Berichten zufolge Rassismus.

Berlin/Greifswald - Schüler einer sechsten Klasse aus Berlin-Kreuzberg sind bei einer Klassenfahrt nach eigenen Angaben mehrfach rassistisch angefeindet worden. Es sei in der Jugendunterkunft im vorpommerschen Greifswald zu rassistischen Äußerungen einer Schülergruppe aus Brandenburg gekommen, dabei sei auch ein Hitlergruß gesehen worden, teilte die Berliner Senatsbildungsverwaltung mit. Zuvor hatte der „Tagesspiegel“ berichtet. Zu den Vorfällen kam es demnach in der letzten Juni-Woche.
Die Zeitung zitiert die Mutter einer zwölfjährigen Schülerin, die von Beleidigungen durch die Schüler von zwei Schulen aus dem Osten und Süden Brandenburgs berichtet. Vor allem die männlichen Grundschüler aus der Berliner Klasse, die zu 80 Prozent von Kindern mit Migrationshintergrund besucht werde, seien Ziel der verbalen Angriffe der älteren Brandenburger Schüler gewesen. Von massiven rassistischen Drohungen und aggressiven Anfeindungen sei die Rede.
Mutter: Andere Lehrer wimmelten Problem ab
Laut der Mutter hätten die Klassenlehrer aus Kreuzberg die jeweiligen Lehrer der Brandenburger Klassen angesprochen. Bei der Klasse aus Strausberg hätten sich die Lehrer einsichtig gezeigt und mit ihren Schülern geredet. Von den Lehrern der Zehntklässler aus dem Süden Brandenburgs seien die Berliner Lehrer „abgewimmelt“ worden.
Statt Hilfe zu erhalten, „wurden unsere Kinder fünf Tage lang beleidigt und beschimpft“, zitierte die Zeitung die Mutter. Die Eltern, von denen manche schon vorher Bedenken angesichts der Fahrt gehabt hätten, und die Schule seien erst nach der Klassenfahrt über die Vorfälle informiert worden.
Brandenburger Ministerium: Anliegen wird ernst genommen
Das Brandenburger Bildungsministerium geht dem geschilderten Vorfall nach eigenen Angaben nach. Ein Sprecher sagte, das Ministerium nehme das Anliegen ernst und werde sich auch mit der Berliner Senatsverwaltung austauschen, bisher seien keine Information dazu mitgeteilt worden. „Ein rassistisches und diskriminierendes Verhalten, wie es geschildert wird, wäre nicht zu tolerieren und müsste mit beteiligten Schülerinnen und Schülern aufgearbeitet werden.“ Rassistische oder beleidigende Äußerungen werden innerhalb eines Meldeverfahrens aufgearbeitet.
Berliner Senat: Enger Austausch mit Schule
Eine Sprecherin der Berliner Senatsbildungsverwaltung erklärte, die zuständige Schulrätin in Friedrichshain-Kreuzberg stehe in engem Austausch mit der Schulleitung. „Unterstützungsangebote wurden bereits unterbreitet, und die Schule wird Kontakt zur Antidiskriminierungsbeauftragten der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie aufnehmen.“
Grüne: Brandenburg sollte Konsequenzen ziehen
Der Berliner Grünen-Abgeordnete Ario Mirzaie, Sprecher für Strategien gegen Rechts, teilte mit: „Solche Übergriffe sind keine Kavaliersdelikte, sondern bewusste Einschüchterungsversuche, die immer mit Gewaltandrohung einhergehen. Die Politik in Berlin und Brandenburg muss dringend Antworten geben auf das Erstarken des Rechtsextremismus unter Kindern und Jugendlichen.“
Mirzaie forderte Brandenburgs Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) auf, die Übergriffe konsequent aufzuklären und mit beiden betroffenen Schulen Konsequenzen zu ziehen. „Die Ereignisse in Greifswald dürfen nicht kleingeredet werden. Der Vorfall in Mecklenburg-Vorpommern reiht sich ein in eine ganze Serie der Zunahme rechter Übergriffe, Propaganda und Gewalt in Berlin und Brandenburg.“
Jugendunterkunft: wurden erst im Nachhinein informiert
Die Betreiber der Unterkunft in Greifswald haben nach eigenen Angaben während des Aufenthalts der Schüler nichts von den Vorkommnissen mitbekommen. Erst am Dienstag habe sich ein Lehrer der Berliner Klasse gemeldet und sein Gedächtnisprotokoll geschickt, sagte der Geschäftsführer.
Das Gelände unter anderem mit Beachvolleyball- und Fußballplatz sei etwa anderthalb Hektar groß. Man sei in erster Linie für Unterkunft und Verpflegung zuständig, nicht aber für die permanente Betreuung. In der Unterkunft würden bis zu 300 Gäste untergebracht. Ende Juni sei das Haus recht voll gewesen.
Es gebe „immer mal Reibereien“, aber derartiges Verhalten dulde man nicht und wäre eingeschritten. Der Geschäftsführer bedauerte, nicht vorher informiert worden zu sein, zumal sich das Geschilderte offensichtlich über mehrere Tage erstreckt habe.
Ähnlicher Vorfall 2023
Vor zwei Jahren hatte ein ähnlicher Vorfall für Schlagzeilen gesorgt. Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse aus Berlin, größtenteils mit Migrationshintergrund, hatten in einer Ferienanlage am Heidesee in Brandenburg ein Mathe-Camp durchführen wollen. In der Nacht sollen sie von anderen Gästen rassistisch beleidigt worden sein, wie Betroffene gegenüber der Polizei angaben. Die Schüler reisten daraufhin ab.
Zu dem Fall hatte sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geäußert. Die Staatsanwaltschaft in Cottbus stellte ein Ermittlungsverfahren später ein. Die Vorwürfe gegen zwei Hauptverdächtige konnten nicht erhärtet werden, weil niemand sicher als Täter identifiziert werden konnte. Es habe nur wenige tatsächliche Zeugen des Geschehens gegeben.