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Schwere Vorwürfe Berliner Polizeiakademie bekommt neuen Chef: Jochen Sindberg gibt auf

13.02.2018, 10:17
Nach einer ganzen Reihe von Vorwürfen und Querelen in den vergangenen Monaten bekommt die Berliner Polizeiakademie einen neuen Leiter.
Nach einer ganzen Reihe von Vorwürfen und Querelen in den vergangenen Monaten bekommt die Berliner Polizeiakademie einen neuen Leiter. dpa

Berlin - Nach einer ganzen Reihe von Vorwürfen und Debatten seit dem vergangenen Herbst bekommt die Berliner Polizeiakademie jetzt einen neuen Leiter. Die Polizei bestätigte am Dienstag einen Bericht der „Berliner Morgenpost“. „Es ist richtig, dass Herr Sindberg selbst um seine Versetzung gebeten hat, und wir uns um einen Nachfolger bemühen“, sagte ein Polizeisprecher. Die Stelle werde ausgeschrieben und Kandidaten aus der Polizei könnten sich bewerben. Bis zu der Entscheidung über die Nachfolge werde Jochen Sindberg die Ausbildungsstätte in Spandau weiter leiten.

Die Zeitung schrieb, bei der Polizei würden bereits Namen von Nachfolgern kursieren. Möglich ist auch, dass Polizeipräsident Klaus Kandt bereits einen konkreten Kandidaten im Auge hat.

An der Akademie werden nach Angaben der Polizei derzeit fast 2500 junge Nachwuchspolizisten von 230 Lehrern und Dozenten ausgebildet. Im Herbst 2017 war die Polizeischule durch anonyme Berichte über angebliche Missstände in Verruf gekommen. Die Rede war von Disziplinlosigkeit, Lernverweigerung und schlechtem Deutsch und Rechtschreibproblemen in einer Klasse mit vielen Schülern aus Einwandererfamilien.

Der Akademie-Leiter Sindberg hatte im Dezember auftretende Probleme mit den umfangreichen Reformen begründet, die vor einigen Jahren wegen der veralteten Strukturen und Inhalte eingeleitet worden seien. Dozenten hatten in einer Anhörung im Innenausschuss berichtet, es gebe keine generellen Probleme, aber durchaus Schwierigkeiten mit einzelnen Schülern. Es gebe auch zu wenig Lehrer für die gestiegene Zahl der Schüler.

Der bekannte Psychologe und arabischstämmige Deutsch-Israeli, Ahmad Mansour, der als Gastdozent an der Polizeiakademie lehrt, sagte damals, im Durchschnitt sei in jeder Klasse etwa ein Schüler, bei dem er „Bauchschmerzen“ habe. Das könne ein deutschstämmiger Polizist mit einer sehr rechtslastigen und ausländerfeindlichen Einstellung sein. Oder ein junger Mann mit türkischer oder arabischer Herkunft, der frauenfeindliche oder antisemitische Meinungen vertrete.

Beides komme vor und sei nicht zu akzeptieren. Die Probleme seien aber auch Folge einer schlechten Bezahlung, von weniger Bewerbern und einer gesunkenen Qualität der Ausbildung.

Die Senatsinnenverwaltung hatte in einem 83 Seiten starken Sonderbericht die Lage analysieren lassen und einen unabhängigen Gutachter beauftragt. Der externe Beauftragte soll auch die personelle Ausstattung untersuchen.

Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe forderte weitere Veränderungen. „Offenbar können die Probleme an der Polizeiakademie so klein nicht sein: Ein Wechsel in der Leitung kann nur ein erster Schritt sein. Das gesamte, neue Konzept der Kuschelpädagogik und Toleranz gegenüber charakterlichen Mängeln bis hin zu Straftaten muss überprüft und korrigiert werden. Dazu muss das Lehrpersonal dringend personell durch polizeiliche Praktiker verstärkt werden.“ (dpa)