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Etatentwurf Berliner Landeshaushalt soll massiv aufgestockt werden

Zuletzt prägte Streit um Haushaltskürzungen die Berliner Politik. Eine Wiederholung will Schwarz-Rot vor der Wahl 2026 vermeiden. Die Lösung scheint einfach zu sein - hat aber langfristig Folgen.

Von dpa Aktualisiert: 22.07.2025, 14:58
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) stellte den Haushaltsplan der Öffentlichkeit vor. (Archivbild)
Finanzsenator Stefan Evers (CDU) stellte den Haushaltsplan der Öffentlichkeit vor. (Archivbild) Paul Zinken/dpa

Berlin - Der Berliner Landeshaushalt für die Jahre 2026 und 2027 wird massiv aufgestockt. In beiden Jahren will das Land 43,8 beziehungsweise 44,6 Milliarden Euro ausgeben, wie Finanzsenator Stefan Evers (CDU) bei der Vorstellung des Senatsentwurfes mitteilte. Zum Vergleich: Im laufenden Jahr weist der Etat ein bereinigtes Ausgabenvolumen von unter 40 Milliarden Euro auf.

Evers begründete den starken Zuwachs unter anderem mit gestiegenen Personalkosten sowie einem massiven Plus bei Sozialausgaben und Flüchtlingskosten. Um den Haushalt zu finanzieren, sind deutlich mehr neue Schulden geplant als zuletzt, möglich macht das die bundesweite Reform der Schuldenbremse. 

Kräftiger Aufschlag bei Krediten

Im Senatsentwurf für den Doppelhaushalt sind für 2026 Kredite in Höhe von 3,9 Milliarden Euro vorgesehen, für 2027 von rund 3,8 Milliarden Euro. Da Berlin womöglich auch zur Finanzierung der Fluchtkosten jährlich eine weitere Milliarde Schulden machen muss, könnten sich die Gesamtschulden auf jährlich um die 5 Milliarden Euro belaufen. 

Der Berliner Schuldenstand von aktuell rund 68 Milliarden Euro würde sich dadurch in den kommenden beiden Jahren deutlich erhöhen auf fast 76 Milliarden Euro. 2027 würde die Stadt dann voraussichtlich rund 1,6 Milliarden Euro pro Jahr allein für Zinsen ausgeben. 

Mehr Geld für Bezirke

Neben Schulden und letzten Rücklagen hilft laut Evers das milliardenschwere Kreditprogramm des Bundes für „Zukunftsinvestitionen“ den Landeshaushalt zu finanzieren. Innerhalb von zwölf Jahren fließen aus diesem sogenannten Sondervermögen nach und nach 5,2 Milliarden Euro nach Berlin. Im neuen Doppelhaushalt sind 333 Millionen Euro für 2026 und 437 Millionen Euro für 2027 eingeplant. 

50 Millionen Euro pro Jahr aus diesem Topf sollen die Bezirke bekommen, so Evers. Die sogenannten Globalsummen, die das Land ihnen jährlich überweist, steigen laut Etatentwurf auf 9,5 Milliarden Euro 2026 beziehungsweise 9,6 Milliarden Euro 2027 - nach 8,8 Milliarden Euro im laufenden Haushalt 2025. 

Größter Batzen im Etat sind demnach die Personalkosten, die in den kommenden beiden Jahren mit jeweils mehr als 13 Milliarden Euro zu Buche schlagen. Die Investitionen steigen auf 5,8 Milliarden Euro 2026 beziehungsweise fast 6 Milliarden Euro 2027. Für 2025 sind 4,7 Milliarden Euro veranschlagt.

Nun ist Parlament am Zug

Nach dem Senatsbeschluss geht der Etatentwurf an das Abgeordnetenhaus, wo der Doppelhaushalt bis Ende Dezember endgültig beschlossen werden soll. Dass nach dem Sparhaushalt 2025, den die schwarz-rote Koalition durch drastische Einsparungen und höhere Einnahmen um drei Milliarden Euro erleichtert hatte, nunmehr so deutlich draufgesattelt wird, kommt für viele überraschend. Standen doch für den Doppeletat 2026/2027 zunächst weitere Einsparungen im Raum.

Die scheinen nun, zumindest in der Gesamtschau, vom Tisch. Vor dem Wahljahr 2026 sparen sich CDU und SPD damit eine kontroverse Debatte um Einsparungen und Kürzungen, wie sie zuletzt mit Blick auf den Haushalt 2025 geführt worden war.

Im Entwurf für den Doppelhaushalt vergrößern sich vielfach die Etats der Fachverwaltungen. Besonders stark ist das mit einer Verdoppelung bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen der Fall, die auch für den Wohnungsbau zuständig ist. Unterhalb der globalen Budgets müssen Empfänger öffentlichen Geldes indes auch mit Kürzungen rechnen. Denn: „Wir werden alle weiter sparen müssen“, so Evers. 

Evers nennt Schwerpunkte 

„Das Land Berlin befindet sich in einer extrem angespannten Haushaltslage“, sagte er. Die Ergebnisse der Steuerschätzung im Mai hätten gezeigt, dass auch für die Jahre 2026 und 2027 nicht mit einer Entlastung zu rechnen sei. Ziel des Haushaltsplanes sei es, gezielt zu investieren und „maßvoll weiter zu konsolidieren“.

Der Fokus liege bei der Verkehrsinfrastruktur auf Investitionen in den ÖPNV, aber auch in den Brücken- und Straßenbau. Beim Wohnungsbau würden die Fördermittel verdoppelt. Auch werde erheblich in die Digitalisierung investiert, zudem in die Modernisierung der Ausstattung bei Polizei und Feuerwehr. Es gebe keine Personaleinsparungen und die Bezirke bekämen mehr Geld.

Als weitere Schwerpunkte nannte Evers Schulbau und den Klimaschutz mit dem Umbau der Wärmeversorgung weg von Kohle und Gas. Hochschulen und Kultureinrichtungen bekämen sogenannte Transformationspauschalen von je 20 Millionen Euro, um Strukturveränderungen in diesen Bereichen mit dem Ziel dauerhafter Kostensenkungen zu unterstützen.

Appell an den Bund 

„Länder und Kommunen werden erdrückt von massiven Ausgabeverpflichtungen, die in der Regel auf Bundesgesetze zurückzuführen sind“, klagte Evers. Das betreffe etwa sogenannte Transferausgaben wie Hilfen zur Erziehung oder zur Pflege. „Dieses Ausgabenproblem gefährdet bundesweit die finanzielle Solidität und Stabilität der kommunalen Haushalte“, so Evers. Der Bund sei dringend gefordert, hier Reformen und Entlastungen auf den Weg zu bringen.

Zu den sogenannten Transferausgaben gehören zum großen Teil auch Kosten für Unterbringung, Versorgung und Integration von Geflüchteten, die sich in Berlin zwischen 2022 und 2025 auf 2,24 Milliarden Euro fast verdoppelt haben. Die Koalition plant aber vorerst nicht, deshalb eine Notlage auszurufen. In dem Fall könnte das Land weitere sogenannte Notlagenkredite zur Finanzierung aufnehmen. Ein solches Vorgehen wird schon länger diskutiert, nun aber auch angesichts rückläufiger Flüchtlingszahlen nicht forciert.

Saleh verteidigt Schulden

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Raed Saleh verteidigte die geplanten neuen Schulden. „Es gibt Bereiche, da spart man nicht“, sagte er im RBB-Inforadio. „Zum Beispiel bei der Frage der Belastbarkeit der Menschen.“ Er sei stolz, dass für Kinder kostenlose Kitas, Horte und Fahrkarten im Nahverkehr bleiben. Er habe immer gesagt: „Mit mir wird es keinen sozialen Kahlschlag geben.“ Grünen-Fraktionschef Werner Graf kritisierte, der Etatplan werde Berlin als sozialer Stadt nicht gerecht, zudem bleibe der Klimaschutz auf der Strecke. Die Linksfraktion nannte die schwarz-rote Haushaltspolitik „chaotisch“.