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Berlin Berlin: Lebenslange Haft für Mord an einem Polizisten

20.02.2007, 12:43
Polizisten in Zivil und in Uniform nehmen am Donnerstag (23. März 2006) an einem Trauermarsch im Berliner Bezirk Neukölln teil. Die Beamten gedachten ihres erschossenen Kollegen Uwe Lieschied (42). (Foto: dpa)
Polizisten in Zivil und in Uniform nehmen am Donnerstag (23. März 2006) an einem Trauermarsch im Berliner Bezirk Neukölln teil. Die Beamten gedachten ihres erschossenen Kollegen Uwe Lieschied (42). (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Der 40-jährigeKurde habe aus etwa fünf Metern in nahtloser Folge acht Schüsseabgefeuert, bis sein Magazin leer war, sagte Richter Hans Luther. Ersprach von einem Verdeckungsmord. Der Angeklagte habe sich nach einemvorausgegangen Raub den Fluchtweg freigeschossen.

Eine besondere Schwere der Schuld, wie von der Staatsanwaltschaftbeantragt, erkannte das Gericht nicht an. Damit hat der Verurteiltedie Chance, nach 15 Jahren Haft auf Bewährung aus dem Gefängnis zukommen. Der Täter habe nur einen Augenblick Zeit gehabt, sich zuentscheiden. «Zu unserem Bedauern hat er den falschen Weg gewählt»,sagte der Richter. Der Mitangeklagte erhielt fünf Jahre Haft wegenschweren Raubes.

Polizeihauptkommissar Uwe Lieschied war am 17. März vorigen Jahresim Berliner Problembezirk Neukölln auf Zivilstreife. Ein tödlicherSchuss traf den engagierten Beamten in die Schläfe. Der 42-jährigePolizist verstarb nach vier Tagen im Koma. Seine Witwe und zwei Söhnesaßen schwarz gekleidet in Saal 500 - hinter ihnen der Todesschützein seiner Anklagebox. Zahlreiche Polizisten füllten denZuschauerraum. Der Mörder nahm das Urteil ohne Regung entgegen. DieWitwe schien sehr gefasst. Später, vor laufenden Kameras, wirkte sieaufgewühlt. «Ich muss das erst verkraften», sagte die 40-Jährige.

Oberstaatsanwalt Ralph Knispel ging davon aus, dass derTodesschütze wegen der Tatumstände nicht bereits nach 15 Jahren Haftentlassen wird. Der Ankläger will eine Revision sorgsam prüfen.Knispel hatte auf besondere Schwere der Schuld plädiert, da die Tateinen Vernichtungswillen von erbarmungsloser Brutalität zeige.

Der Anwalt des Todesschützen gab «keinen Kommentar» zur Revision.Der Verteidiger hatte auf Freispruch plädiert, nachdem sein Mandantzu Prozessbeginn plötzlich ein früheres Geständnis widerrief. Der auseinem Bergdorf in der Osttürkei stammende Mann hatte behauptet, ersei von der Polizei misshandelt worden. Er habe versucht, sich dasLeben zu nehmen. Bei den Verhören, habe er alles gesagt, was derVernehmer hören wollte.

Das Gericht fand keine Anhaltspunkte für ein Verwertungsverbotdieser Vernehmung. Es sei keine Verwirrung zu erkennen, argumentierteder Richter. Außerdem gebe es handfeste Beweise. Der geschiedeneFamilienvater hatte die Polizei nach seiner Verhaftung zum Versteckder Waffe geführt. Die Pistole war nahe dem Berliner Wannseevergraben. Außerdem fanden sich seine DNA-Spuren auf einem Handschuh,der im Volkspark Hasenheide - nicht weit vom Tatort - lag.

Lieschied war mit einem Kollegen auf Streife, der sich vor denSchüssen hinter geparkte Autos retten konnte. Der 29-jährige Beamteerinnerte sich im Prozess an die dramatische Szene, als Lieschiedohne Reaktion am Boden lag. Er zeigte sich erschüttert. Bewegt warenauch die Menschen in der Hauptstadt. In einem Trauermarsch unter demMotto «Berlin gegen Gewalt» wurde des ermordeten Polizisten gedacht.