Benimm im Alltag Benimm im Alltag: Lächeln statt provokanter Gesten
München/Meppen/dpa. - Und wer andere respektvoll behandelt, der kann selbst mit Respekt rechnen. Feste Regeln, wie man sie früher kannte, gibt es heute allerdings kaum noch: Vieles scheint weniger offiziell, lockerer und spontaner. Zu erkennen, was gerade angemessen ist und was nicht, erfordert nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch Einfühlungsvermögen.
Benehmen ist immer an gesellschaftliche Gepflogenheiten gebunden -und die ändern sich. Was früher noch gefragt war, kann heute obskur wirken. «Würde man seine zukünftigen Schwiegereltern heutzutage mit einem Bückling begrüßen, was früher gutes Benehmen war, würde man wahrscheinlich eher ein kleines Gelächter verursachen», sagt Gudrun Mehrung, Coach aus München. Heute sei es in dieser Situation wesentlich wichtiger, authentisch und sympathisch rüberzukommen.
Manche Benimmregeln sind alt, aber bewährt: Zum Beispiel der altbekannte Sitzplatz für die alte Dame im Bus. «Es ist nach wie vor höflich, einem viel älteren Menschen seinen Platz anzubieten», sagt Inge Wolff. Allerdings sollte das nicht als festgeschriebene Regel betrachtet werden. «Wenn ein anderer offensichtlich den Sitzplatz nötiger hat als ich selbst, dann sollte ich aufstehen - unabhängig von Alter oder Geschlecht», rät die Vorsitzende des Gremiums Arbeitskreis Umgangsformen International in Bielefeld.
So sind nämlich nicht immer nur die jungen, sondern auch die älteren Leute mal dran, sich zu erheben: «Wenn ich als 62-jährige, gesunde Frau ein Kind sehe, das müde und schwer bepackt mit Schultasche und Zeichenblock unterm Arm in den Bus steigt, dann bin ich diejenige, die für das Kind aufsteht, weil es ganz offensichtlich ist, dass es gerade einen Platz zum Ausruhen braucht», sagt Wolff.
Benjamin und Denise aus Meppen bauen gerade eine Homepage zum Thema «Benehmen» auf. «Wir wollen auf humorvolle Art und Weise auf gewisse Missstände aufmerksam machen», sagt der 19-Jährige. «Zum Beispiel, wenn Leute versuchen, so cool wie möglich durch die Stadt zu schlendern und dabei wahllos um sich herumspucken oder auch grundlos ältere Leute mit blöden Sprüchen anmachen.»
Auch in solchen Situationen kann man zeigen, dass man sich benehmen kann: «Das ist das 'Nein-Sagen' an der richtigen Stelle», erklärt Gudrun Mehring. Hier sollte man nicht dem Cliquenchef folgen, sondern einfach nicht mitmachen. «Auf keinen Fall irgendwelche schlauen Sprüche loslassen, dass man das nicht gut findet oder so», warnt Gudrun Mehring. Hier gelte das Motto: «Ändere dich selbst, dann ändern sich auch die anderen.»
Benjamins Rezept lautet «ruhig und freundlich bleiben». Wenn der Kicker in der Kneipe mal wieder den Geist aufgegeben hat, ärgere ihn das zwar schon, sagt Benjamin, gerade wenn es schon das zweite Mal in der Woche ist. «Trotzdem gehe ich möglichst freundlich zur Theke, bleibe sachlich und frage, ob nicht jemand nachschauen und mir helfen könnte.»
Auch wenn viele alte Manier- und Etiketteregeln längst überholt sind - die berühmten kleinen Gesten im Alltag ziehen noch immer: «Das kann zum Beispiel die Kaufhaustür sein, die ich der Person hinter mir aufhalte», sagt Inge Wolff. Auch kleine Worte, wie «Danke», «Bitte» und aktives Zuhören, also auch mal nachzuhaken, gehören zu gutem Benehmen dazu.