Beate Uhse Beate Uhse: Bekämpft und bewundert
Flensburg/dpa. - Beate Uhse, legendäre Sex-Pionierin, ist tot.Die ebenso bekämpfte wie bewunderte Unternehmerin starb bereits amvergangenen Montag in einem Schweizer Krankenhaus an den Folgeneiner Lungenentzündung. Wie die Beate Uhse AG am Mittwoch mitteilte,wurde Uhse bereits im engsten Familienkreis beigesetzt. DieSeniorchefin des Flensburger Erotikunternehmens wäre am 25. Oktober82 Jahre alt geworden. Für den 3. August ist in Flensburg eineTrauerfeier angesetzt.
Wegen ihrer Produkte - Bücher, Präparate, Kondome und Hilfsmittelfür den Intimbereich - stand Uhse über Jahrzehnte mit der Justiz aufKriegsfuß. Sie handelte sich in den fünfziger und sechziger Jahrenüber 2000 Anzeigen ein, die von sittenstrengen Staatsanwältenverfolgt wurden. Zitat aus einer polizeilichen Vorladung:«Broschüren mit schweinischem Inhalt.» Rechtlich galt Uhses Waredamals als «Beihilfe zur Unzucht», wenn sie in andere Hände als indie von Ehepaaren gelangte.
Uhse machte den Sex in Deutschland salonfähig. 1999 sagte sie ineinem dpa-Gespräch: «Worüber ich mich am meisten freue - dass es unsin den letzten 50 Jahren gelungen ist, eine hohe nicht nurberufliche, sondern auch gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen.»
Beate Rotermund-Uhse schaffte es von der «fliegenden Händlerin»mit einer Broschüre über Schwangerschaftsverhütung in derunmittelbaren Nachkriegszeit bis an die Spitze des Sex-Konzerns mitüber 300 Millionen Mark (gut 153 Millionen Euro) Jahresumsatz. Fastalle Deutschen - nach Angaben des Unternehmens genau 98 Prozent -kannten den Namen der lange verfemten Erotikunternehmerin. Damit warsie in Deutschland bekannt wie wenige andere.
Seit dem 17. Lebensjahr gehörte das Fliegen fast untrennbar zumLeben der Uhse. Damals erwarb Beate Köstlin - als Tochter einerÄrztin und eines ostpreußischen Gutsbesitzers 1919 geboren - denPilotenschein. Als 24-Jährige, im Hauptmannsrang der Luftwaffe,überführte sie Jagdflugzeuge an die Front. Im April 1945 flüchtetesie, verheiratet mit dem kurz darauf gefallenen FliegeroffizierHans-Jürgen Uhse, mit einem zweimotorigen Flugzeug aus demumkämpften Berlin in den Norden Schleswig-Holsteins. Dabei war ihrkleiner Sohn Klaus, der 1984 im Alter von 41 Jahren an Krebs starb.
Nach kurzer englischer Gefangenschaft 1945 arbeitete Beate Uhsein der nordfriesischen Landwirtschaft, gab Englischunterricht,verkaufte mit einem Wandergewerbeschein kunstgewerbliche Spielsachenund beriet nebenbei junge Bauersfrauen überSchwangerschaftsverhütung. Aus ihrer einfachen Anleitungsbroschüre(«Schrift X») über die damals kaum bekannte Knaus-Ogino-Verhütungsmethode, die Beate Uhse 1947 für zwei Reichsmark verkaufteund von der sie sofort 32 000 Exemplare absetzte, wurde 1949 dererste achtseitige Katalog für «Ehehygiene»- Bedarf. 1948 heirateteUhse den Flensburger Kaufmann Ernst-Walter Rotermund, 1972 wurde dieEhe geschieden.
Bis ins hohe Alter hinein strahlte Beate Rotermund-Uhse, trotzder Folgen ihrer Magenkrebsoperation in den achtziger Jahren, stetsVitalität und Energie aus. Noch mit 73 steuerte sie ihr eigenesFlugzeug, war jahrzehntelang begeisterte Tennisspielerin. Sie lerntemit weit über 70 noch Tauchen und Golfspielen.
1960 war bereits rund eine Million Uhse-Kunden registriert. InFlensburg eröffnete 1962 auch der erste Sexshop der Welt. 1982bildete Beate Rotermund-Uhse gemeinsam mit ihrem jüngsten Sohn auszweiter Ehe, Ulrich Rotermund (heute 51), eine Aktiengesellschaft.Im Mai 1999 ging das größte europäische Erotikunternehmen alsweltweit erstes seiner Art an die Börse. Der Konzern beschäftigtheute die meisten seiner Mitarbeiter in anderen Städten im In- undAusland. Ob nun die Leitung der Uhse AG am «Geburtsort» Flensburgbleibt, gilt nach dem Tod der Aufsichtsratschefin mehr als fraglich,zumal die Mehrheitsanteile sich schon lange nicht mehr im Eigentumder Gründerfamilie befinden.