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Bayern Bayern: Verbrechen am neunjährigen Peter war lange geplant

20.02.2005, 14:51
In diesem Männerwohnheim im Münchner Stadtteil Trudering wurde am Freitag (18. Februar 2005) die Leiche eines ermordeten neunjährigen Jungen entdeckt. Nach Polizeiangaben wurde der Junge vermutlich mit einer Plastiktüte stranguliert, bis er erstickte. Anschließend warf der geständige Täter die Leiche in einen Müllcontainer. (Foto: dpa)
In diesem Männerwohnheim im Münchner Stadtteil Trudering wurde am Freitag (18. Februar 2005) die Leiche eines ermordeten neunjährigen Jungen entdeckt. Nach Polizeiangaben wurde der Junge vermutlich mit einer Plastiktüte stranguliert, bis er erstickte. Anschließend warf der geständige Täter die Leiche in einen Müllcontainer. (Foto: dpa) dpa

München/dpa. - Die Leiche von Peter war am Freitag entdeckt worden. Der Täterkannte den Jungen, mit Peters Vater war er zusammen im Gefängnisgewesen. Am Donnerstag hatte er den Kleinen auf dem Schulwegabgepasst und in seine Wohnung gelockt.

Den Behörden war das Gefahrenpotenzial des psychisch Krankenoffenbar bewusst. «Man hat gesehen, dass die Gefahr bestand, dass ersich wieder an Kinder heranmacht», sagte der ermittelndeOberstaatsanwalt Peter Boie bei einer Pressekonferenz. Er berichtetevon fünf abgebrochenen Therapien des Mannes, überfordertenPsychologen und unzureichenden Rechtsmitteln, um das krankhafteVerlangen des Mannes unter Kontrolle zu halten. Vor allem die Frage,ob das Münchner Jugendamt das Gewaltverbrechen verhindern hättekönnen, wird in der Öffentlichkeit heftig diskutiert.

Medienberichte hatten ans Licht gebracht, dass dieBewährungshelferin des 28-Jährigen das Jugendamt bereits im Januarüber mehrere Verstöße gegen die Bewährungsauflagen informierte. Derpsychisch kranke Mann ging nicht zu Therapie-Sitzungen und hieltengen Kontakt zu Kindern, vor allem zu Peter. Das Jugendamt wies amWochenende jedoch jegliche Verantwortung zurück. «Es gab unsererAnsicht nach keinen Anlass zum Eingreifen», sagte MünchensSozialreferent Friedrich Graffe. Makabres Detail: Für den Tag nachdem Tod des kleinen Peter hatte ein Sozialarbeiter einenGesprächstermin mit Peters Mutter vereinbart.

Die Eltern des Opfers waren bereits im vergangenen November überdie Vorgeschichte ihres Hausfreundes informiert worden, der häufig zuBesuch kam. «Der Vater des Kindes kennt ihn aus der Strafhaft», sagtePickert. Mit dem Bekannten, der jetzt zum Mörder seines Sohnes wurde,hatte der Familienvater eine Zeit lang die Zelle geteilt. DieKaltblütigkeit und Entschlossenheit, mit der der 28-Jährige amDonnerstag handelte, war für Betreuer und Behörden offenbarüberraschend - allen Warnungen der vergangenen Monate zum Trotz.

Noch während der Sexualmörder das sich zur Wehr setzende Kindstundenlang missbrauchte, versuchten dessen Eltern einige Male, ihrenSohn per Handy zu erreichen. Wie die Obduktion ergab, erstickte derMann sein Opfer mit einer über den Kopf gestülpten Plastiktüte. Erversteckte die Kinderleiche in seinem Schrank und besuchte dieEltern, um sich an der Suche nach dem Vermissten zu beteiligen. Ertelefonierte laut Polizei sogar Krankenhäuser ab, um nach demNeunjährigen zu fragen. Zurückgekehrt in sein Wohnheim, verging sichder Sexualmörder dann noch an der Leiche des Kindes.

Gerade 16 Jahre alt hatte sich der Mann in einem Schwimmbad aneinem Jungen vergangen. 1994 dann mordete er zum ersten Mal. InRegensburg stach er 70 Mal auf einen elf Jährigen ein, nachdem er ihnmissbraucht hatte. Nach neuneinhalb Jahren Jugendhaft war er erstseit zehn Monaten wieder auf freiem Fuß.

Der neuerliche Mord an einem Kind entfacht die Diskussion über denUmgang mit Sexualverbrechern neu. Bayerns Innenminister GüntherBeckstein forderte eine Zwangstherapie für junge Straftäter.«Jugendliche, die eine schwere Straftat begangen haben, sollten inZukunft dazu verpflichtet werden, sich einer Therapie zuunterziehen», sagte der CSU-Politiker der «Bild am Sonntag». SeineKollegin vom Justizressort, Beate Merk (CSU), bekräftigte diebayerische Forderung nach einer nachträglichen Sicherungsverwahrungfür Heranwachsende, die nach Erwachsenen-Strafrecht verurteiltwurden.

Peters Mörder war für seinen ersten Mord jedoch nachJugendstrafrecht verurteilt worden, das eine Sicherungsverwahrungbislang ausschließt. Merk sagte, nun müsse geprüft werden, ob hiereine Rechtslücke besteht.

Dieser neunjährige Junge wurde am Freitag (18.02.2005) in München tot gefunden (Polizeifoto). (Foto: dpa)
Dieser neunjährige Junge wurde am Freitag (18.02.2005) in München tot gefunden (Polizeifoto). (Foto: dpa)
dpa