Bayern Bayern: Mann erschießt seine Schwägerin auf dem Gerichtsflur

Landshut/dpa. - Tödliches Erbschaftsdrama im Landshuter Landgericht: Ein 60-Jähriger Mann hat am Rande eines Zivilprozesses um einen Nachlassstreit seine 48 Jahre alte Schwägerin erschossen undsich danach mit einem Kopfschuss das Leben genommen. Bei derSchießerei auf dem Flur des Gerichtsgebäudes wurden amDienstagvormittag eine weitere Schwägerin des Täters und einRechtsanwalt durch Schüsse verletzt. Diese beiden Opfer schwebtenallerdings nicht in Lebensgefahr.
Der 60-Jährige, der als Sportschütze drei Waffen legal besaß,feuerte nach Angaben der Ermittler sechsmal mit einem Revolver derMarke Smith & Wesson. Anwälte und Justizbeamte in anderen Räumen desGerichtes dachten zunächst an einen Amoklauf und versteckten sich inden Zimmern oder flohen aus den Fenstern.
Der Richter hatte den Erbprozess gerade unterbrochen, um kurz dasUrteil in einem anderen Verfahren zu verkünden. «Gegen 10.15 Uhr warSitzungspause und die Prozessbeteiligten haben sich nach draußenbegeben, im Vorraum ist es dann zu den Schüssen gekommen», berichtetePolizeisprecher Leonhard Mayer. Anschließend ging der 60-Jährige inden Sitzungssaal im ersten Stock zurück und forderte den Richter auf,den Raum zu verlassen. Er werde sich nun umbringen, sagte der Manndem Richter und einem noch anwesenden Anwalt. Dann schoss sich derverheiratete Koch in den Kopf. Mehrere andere Menschen, die dieBluttat mitbekommen hatten, mussten mit Schocks in ärztlicheBehandlung.
Der Schießerei war ein jahrelanger Rechtsstreit mit mehrerenGerichtsverfahren um eine Erbschaft vorausgegangen. Dabei soll es umeinen Streitwert von etwa 100 000 Euro gegangen sein. Nach derTragödie präsentierte ein Verwandter im Wohnhaus des 60-Jährigen imniederbayerischen Dingolfing einen angeblichen Abschiedsbrief desTäters. Darin beklagt sich der Schreiber über einen angeblichjahrzehntelangen Terror seiner Verwandten. «Heute ist wohl meinletzter Morgen», heißt es in dem Brief. «Ich fühle mich nicht alsMörder, wenn es passiert.» Er wolle aber die Verwandtschaftbestrafen. «Ich zahle dafür den höchsten Preis: mit meinem Leben»,führte der Schreiber aus. Die Polizei erklärte, dass die Echtheitdieses Briefes noch geklärt werden müsse.
Der Münchner Generalstaatsanwalt Christoph Strötz forderte alsReaktion auf das Familiendrama einen flächendeckenden Einsatz vonSicherheitsschleusen in den bayerischen Justizgebäuden. Bislangwerden solche Metalldetektoren, wie sie auch an Flughäfen eingesetztwerden, an vielen Gerichten nur bei einzelnen, besonders heiklenProzessen verwendet - so auch in Landshut. In anderen Behörden, wieim Regensburger Justizpalast, werden schon seit Jahren alle Besucherlückenlos auf mögliche Waffen kontrolliert.
Bayerns Staatskanzleichef Siegfried Schneider (CSU) sagte einePrüfung zu. Das bayerische Kabinett werde sich in den nächsten Wochenauch mit einer möglichen weiteren Verschärfung des Waffenrechtsbeschäftigen. «Es scheint nicht ein typischer Amoklauf gewesen zusein», betonte der Minister. Der 60-Jährige war seit etwa vierJahrzehnten Mitglied in einem Schützenverein, eine Waffenbesitzkartehatte er seit 1974. Bislang war er nie der Polizei irgendwieaufgefallen.
In dem Erbrechtsverfahren hatte der Richter etwa eine Stunde langverhandelt, ehe es während der Pause zur Schießerei kam. Der 60-Jährige war in dem Verfahren zwischen sieben Geschwistern einBeklagter, es ging allerdings nur um eine Auskunft zu den Werten, dieer geerbt haben soll. Eigentlich sei der Streitpunkt schon erledigtgewesen, erklärte der Landshuter Landgerichtspräsident Karl Wörle.«Aus dem Verfahren lässt sich kein Motiv erkennen.»
Kurz nach der Bluttat stürmten vier Einheiten der Polizei dasGebäude, hunderte Beamte riegelten das Justizgebäude ab. Ein Notarztkonnte die im Kopf getroffene 48-Jährige kurzzeitig nochwiederbeleben, die Straubingerin starb allerdings kurze Zeit später.