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Bayern Bayern: Bei Ralph Müller piept's

Von KLAUS WITTMANN 07.08.2011, 19:41

SONTHOFEN/AITRACH/DAPD. - Er ist Autor eines Buchs über die "Geheime Sprache der Vögel". Und auf dem Weg in den Wald macht er tatsächlich den Eindruck, als würde er das Vogelgezwitscher verstehen - und die Vögel ihn. Denn die Antwort des Zaunkönigs auf Müllers Pfiff lässt nicht lange auf sich warten.

Schon mit 13 Jahren hat der Mann aus dem bayerischen Sonthofen Vögel beobachtet. Dass er aber eine außergewöhnliche Begabung besitze, sei ihm erst Jahre später während eines Kanada-Aufenthalts bewusst geworden. Er habe allein am Lagerfeuer gesessen. "In der Ferne habe ich kanadische Kraniche gehört und ich habe ihre Stimme nachgemacht", erzählt der Jäger. Plötzlich näherte sich der Schwarm. "Da erst habe ich gemerkt, dass ich die Vögel angelockt habe. Die haben mich für einen Artgenossen gehalten, der ihnen signalisiert, ihr könnt landen, es gibt keine Bären, die Luft ist rein", erzählt Müller.

Am schwierigsten zu erlernen war für Müller die Stimme der Nachtigall. "Die ist so variantenreich und gar nicht einfach nachzumachen." Aber dann trällert der Buchautor munter drauf los, als wäre es mittlerweile die leichteste Übung für ihn.

Vögel sind nach den Worten des 50-Jährigen das "Hauptleitsystem" für andere Tiere. Jeder könne das leicht feststellen, wenn er beobachte, wie eine Amsel vor einer Katze warnt. Fasziniert berichtet Müller auch von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Kommunikation zwischen Raben und Wölfen. "Es ist nicht nur so, dass die Raben den Wölfen hinterher fliegen und das wegfressen, was sie von ihrer Beute übrig lassen." Man habe vielmehr festgestellt, dass Raben den Wölfen wie Kundschafter vorauseilten. "Und wenn sie beispielsweise Karibus entdecken, drehen sie um und signalisieren durch Kreischlaute den Wölfen: Beute voraus!"

Auf seinen Ausflügen zieht es den Jäger, Falkner und Bogenschützen Müller immer wieder in die Allgäuer Berge und an die Iller im württembergisch-bayerischen Grenzgebiet. Dabei stammt der großgewachsene Naturbursche nicht etwa von einem Allgäuer Bergbauernhof, sondern aus Düsseldorf. Erst vor ein paar Jahren hat es den gelernten Gas- und Wasserinstallateur nach Bayern verschlagen.

Nach einem schweren Autounfall machte er seine Leidenschaft für Wildnis und Natur zum Beruf. Jetzt bietet er in einem Waldstück bei Treherz in der Nähe der württembergischen Gemeinde Aitrach Wildnis-Camps für Schüler, Lehrer, Vereine und Firmen sowie einen "Basiskurs Vogelsprache" und Kanureisen in den Masuren oder Kanada an.

Bei Müllers Kursen lernt man, ohne Streichhölzer Feuer zu machen, Spurenlesen, Bogenschießen und Bogenbauen - und natürlich Vogelstimmen zu imitieren. Bevor seine Schüler jedoch Geräusche machen dürfen, verlangt Müller von ihnen, dass sie "Hineinhören in die Wildnis". Dann sitzt er in der Nacht mit seinen Kunden mit schwarz bemalten Gesichtern an einem bewaldeten Hang und lauscht in die Finsternis hinein. "Das müssen viele erst wieder lernen."