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Baby-Leichen in Brieskow-Finkenheerd Baby-Leichen in Brieskow-Finkenheerd: Polizei in älteren Wohnungen auf Spurensuche

03.08.2005, 12:49
Polizeibeamte und Kriminaltechniker durchsuchen am Mittwoch (03.08.2005) im brandenburgischen Eisenhüttenstadt eine weitere ehemalige Wohnung der 39-jährigen Sabine H., die im Verdacht steht, neun ihrer Kinder jeweils nach der Geburt getötet und die Leichen in Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt (Oder) auf einem Grundstück versteckt zu haben. (Foto: dpa)
Polizeibeamte und Kriminaltechniker durchsuchen am Mittwoch (03.08.2005) im brandenburgischen Eisenhüttenstadt eine weitere ehemalige Wohnung der 39-jährigen Sabine H., die im Verdacht steht, neun ihrer Kinder jeweils nach der Geburt getötet und die Leichen in Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt (Oder) auf einem Grundstück versteckt zu haben. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Frankfurt (Oder)/dpa. - Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) löstederweil mit Äußerungen zu dem Verbrechen eine Welle der Empörung aus.

Schönbohm hatte in einem Interview mit dem «Tagesspiegel»(Mittwoch) maßgeblich das SED-Regime und dessen «erzwungeneProletarisierung» für Verwahrlosung und Gewaltbereitschaft im Ostenverantwortlich gemacht. Auslöser war der Fund der Baby-Leichen. DieMutter wird beschuldigt, die zwischen 1988 und 1999 geborenen Kindernach der Entbindung getötet zu haben.

Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sagte dem RBB-SenderAntenne Brandenburg, er könne Schönbohms Sicht, die «doch mehrwestdeutsch» sei, nicht teilen. Der SPD-Politiker erinnerte an diezahlreichen Fälle von Kindesmissbrauch und -tötung in anderenLändern. Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) bemerkte, SchönbohmsWorte hätten ihn genauso erschüttert wie der Vorfall selbst.

Der Vorsitzende der Linkspartei.PDS, Lothar Bisky, warf Schönbohmvor, er diffamiere mit seinen Äußerungen die Ostdeutschen mit derLosung «Kommunisten fressen Kleinkinder». Im NDR sagte Bisky, diese«geistige Flachzangerei» wolle er nicht mitmachen. Brandenburgs CDU-Generalsekretär Sven Petke wies die Kritik der Linkspartei.PDS als«reflexartig» zurück. Schönbohm sei vom Ausmaß des Verbrechens inOstbrandenburg tief betroffen, das sich in eine Reihe andererschwerer Untaten im Land einfüge, sagte Petke der dpa. Beim Aufdeckender Ursachen dürfe es keine Tabuisierung geben. «Hier geht es nichtum Schuldzuweisung.»

Doch auch in Schönbohms eigenen Partei wehte dem CDU-Landeschefheftiger Wind entgegen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident WolfgangBöhmer (CDU) sagte dem «Berliner Kurier» (Donnerstag): «Ich sehekeinen Grund, zwischen der Kollektivierung der Landwirtschaft und demUmbringen eigener Kinder einen Zusammenhang zu finden.»

Der Thüringer CDU-Generalsekretär Mike Mohring sagte der«Financial Times Deutschland» (Donnerstag): «Vor zwei Wochen habenwir darüber gesprochen, wie wir im Wahlkampf mehr Vertrauen bei denOstdeutschen gewinnen. Diese Sätze tragen sicher nicht dazu bei.» Füreinen Kabinettsposten in einer CDU-geführten Bundesregierung seiSchönbohm nicht länger tragbar.

Inzwischen gingen die Ermittlungen gegen die Mutter der neun totenKinder am Mittwoch weiter. Es sei eine frühere Wohnung der Frau inEisenhüttenstadt (Oder-Spree) durchsucht worden, ohne fündig zuwerden, berichtete die Polizei. Der 39-Jährigen wird vorgeworfen,neun ihrer Kinder gleich nach der Geburt getötet zu haben. Die Frau,die vier lebende Kinder hat, sitzt in Untersuchungshaft.

Sie werde immer wieder vernommen, sagte ein Sprecher derStaatsanwaltschaft, machte aber keine näheren Angaben. Bisher hat dieFrau zugegeben, die Mutter der toten Kinder zu sein. Sie will siezwischen 1988 und 1999 ohne fremde Hilfe geboren haben. An die erstenbeiden Entbindungen könne sie sich erinnern, bei den restlichen seisie betrunken gewesen. Auch die Todesumstände der Kinder bliebenzunächst im Dunkeln.

Die in Frankfurt (Oder) lebende Frau hatte die Leichname inBlumenkästen und -töpfen vergraben und diese später auf demelterlichen Grundstück in Brieskow-Finkenheerd abgestellt. Dort warendie skelettierten Babyleichen am vergangenen Sonntag entdeckt worden.In der Dorfkirche soll an diesem Donnerstag (4.8.) der toten Kindergedacht werden.

Im brandenburgischen Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt (Oder) liegen am Dienstag (02.08.2005) Blumen vor der Gartentür zum Grundstück des Fundortes der neun toten Neugeborenen, die hier seit vielen Jahren versteckt waren. (Foto: dpa)
Im brandenburgischen Brieskow-Finkenheerd südlich von Frankfurt (Oder) liegen am Dienstag (02.08.2005) Blumen vor der Gartentür zum Grundstück des Fundortes der neun toten Neugeborenen, die hier seit vielen Jahren versteckt waren. (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild
(Grafik: dpa)
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dpa