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Autobranche Autobranche: Am 10. April 1991 rollte der letzte Wartburg vom Band

Von Simone Rothe 10.04.2006, 19:17
Besucher des Automobilbau-Museums in Eisenach betrachten einen roten «Wartburg 1.3», der vor zehn Jahren am 10. April 1991 als letzter «Wartburg» das Band der Endmontage des Automobilwerks Eisenach verließ. (Foto: dpa)
Besucher des Automobilbau-Museums in Eisenach betrachten einen roten «Wartburg 1.3», der vor zehn Jahren am 10. April 1991 als letzter «Wartburg» das Band der Endmontage des Automobilwerks Eisenach verließ. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Eisenach/dpa. - Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes in Flensburg tuckern immerhin noch etwa 66 000 «Trabis» durch Deutschland, während sich die Zahl der noch fahrbereiten Wartburg auf unter 17 000 dezimiert hat. «Der Rost macht ihm halt mehr zu schaffen», meint ein Automechaniker. Inzwischen gilt das kantige Auto aus Eisenach vor allem als Museums- und Liebhaberstück.

Am 10. April vor 15 Jahren rollte im damaligen AutomobilwerkEisenach (AWE) der letzte Wartburg - knallrot lackiert und mitschwarzer Schleife - vom Band. Die Stilllegung des riesigen Werkes, in dem von 1956 an bis zu 8000 Menschen das Mittelklasse-Pendant zum Trabant gebaut hatten, begann. Auch der Einbau eines Viertaktmotors von VW konnte den Oldtimer gegen die deutlich attraktivere PS-Konkurrenz aus dem Westen nicht retten. Tausende in Eisenach bangtenum ihre Zukunft, einigen Arbeitern standen Tränen in den Augen.

«Damals hat keiner so recht geglaubt, dass es mit derAutomobilbautradition weiter geht», sagt Harald Lieske. Er hat im AWEgelernt und gearbeitet, heute ist er Betriebsratschef der OpelEisenach GmbH. Immerhin kann Eisenach darauf verweisen, dass in derStadt, die nicht nur den Wartburg, sondern auch die Wartburg hat,1898 die dritte deutsche Autofabrik entstand. Lieske spricht voneiner «Zitterpartie» bis zur Entscheidung von Opel für einenWerksneubau in Thüringen.

Die 1992 eröffnete Opel-Fabrik mit 1800 Mitarbeitern istinzwischen einer der größten Industriearbeitgeber in Thüringen. «Esist gut gegangen», findet Lieske, der viele Ex-AWE-Mitarbeiter kennt,die inzwischen bei Autozulieferern wie Bosch, immerhin auch mit 1600Beschäftigten in Eisenach, Benteler oder Mitec arbeiten. Auch BMWkehrte an seinen alten Standort zurück, wenn auch nur mit einerFabrik für Großwerkzeuge. Schließlich hatte das Autowerk in Eisenachvon 1928 bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg zum BMW-Konzern gehörtund dessen Einstieg in den Fahrzeugbau ermöglicht.

Neben Sachsen mit VW in Mosel bei Zwickau sowie Porsche und BMW inLeipzig hat sich in Ostdeutschland auch Thüringen als Autoland vorallem mit Zulieferern behauptet. Wirtschaftsminister Jürgen Reinholz(CDU) beziffert den Umsatz der Branche in Thüringen auf 2,6Milliarden Euro, fast die Hälfte wird mit Exporten erwirtschaftet.Einschließlich der Unternehmen, die nur einen Teil ihrer Erlöse mitAutomobilzulieferungen bestreiten, betrage das Umsatzvolumen mehr als5 Milliarden Euro. In einer Studie schätzt die Landesbank Hessen-Thüringen das Beschäftigungspotenzial auf etwa 40 000 Arbeitsplätze.

Doch nicht nur für einen Teil der einstigen Wartburg-Produzentenhat sich in den vergangenen Jahren einiges zum Guten gewandt. Auchfür den letzten Wartburg kamen bessere Zeiten: Seit Juni 2005 stehter in einem Museum, das eigens für die PS-Veteranen aus Eisenacheingerichtet wurde. Bereits im vergangenen Jahr zog die «AutomobileWelt Eisenach», in der neben Dixi und BMW auch der Wartburg 1.3 undsein eleganterer Vorgänger 311 einen Platz haben, 25 000 Besucher an.Fans hat der Wartburg bis heute: «Das erste Auto liebt man, egal wases für eine Möhre ist», schreibt eine Frau in einem Internet-Forum,in dem sich nicht nur Ostdeutsche über die Vor- und Nachteile desWartburg austauschen.