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Argentinien Argentinien: Emilie Schindler gestorben

06.10.2001, 15:52
Emilie Schindler
Emilie Schindler Zentralbild

Berlin/Buenos Aires/dpa. - Der Präsident des jüdischen Dachverbandes DAIA in Argentinien,Jose Hercman, zeigte sich in einer ersten Reaktion erschüttert vonder Nachricht. «Wir sind sehr traurig und es ist ein großer Schmerz»,sagte er am Samstag in Buenos Aires. «Wir werden ihr Andenken fürimmer bewahren und ihr ewig dankbar sein», fügte Hercman hinzu.Emilie Schindler sei eine der «Gerechten», die während des ZweitenWeltkrieges unter Gefährdung des eigenen Lebens Juden und Nichtjudengerettet habe.

Seit 1949 hatte sie in Argentinien gelebt. Erst im Sommer diesesJahres hatte sich Schindler während einer Deutschlandreiseentschieden, ihren Lebensabend in Bayern zu verbringen. Unmittelbarvor der geplanten Aufnahme in ein bayerisches Pflegeheim war sieMitte Juli jedoch wegen eines Schlaganfalls ins KrankenhausStrausberg gebracht worden.

Die Witwe des einstigen Fabrikanten, der in seiner Firma von denNazis bedrohten Juden Unterschlupf gab, wollte nicht mehr nachArgentinien zurückkehren. Sie habe Heimweh nach Deutschland gehabt,hatte die 94-Jährige gesagt.

In ihrer zweiten Heimat Argentinien lebte sie nach der Trennungvon ihrem Mann 1957 in bescheidenen Verhältnissen. Dennoch war siedem südamerikanischen Land eng verbunden; 1999 wurde ihr dieEhrenbürgerschaft verliehen.

Die Geschichte der Schindlers war durch Steven Spielbergs Film«Schindlers Liste» aus dem Jahr 1993 international bekannt geworden.Emilie Schindler hatte nach Angaben der Biografin Hunderte von Judengerettet, indem sie diese für das Unternehmen ihres Mannesangefordert hatte.

Für Schlagzeilen hatte der monatelange Rechtsstreit zwischenEmilie Schindler und der «Stuttgarter Zeitung» über dieVeröffentlichung von Dokumenten ihres Mannes gesorgt. Sie waren ineinem Koffer, den die Kinder von Schindlers letzter Geliebter aufeinem Dachboden in Hildesheim entdeckt hatten. Der Koffer des 1974gestorbenen Schindler enthielt verschiedene Dokumente, darunter eineder berühmten Listen mit Namen der von dem damaligen IndustriellenSchindler im Krieg geretteten Juden. Der Koffer wurde inzwischen andie israelische Gedenkstätte Jad Vaschem weitergegeben.

Emilie Schindler sah sich als rechtmäßige Erbin der Dokumente.Nach Veröffentlichung der Papiere in der «Stuttgarter Zeitung» sahsie Urheberrechte verletzt und beharrte zunächst auf einerSchadenersatzforderung von 100 000 Mark. Ende Juni wurde derRechtsstreit mit einem Vergleich beigelegt. Danach erhielt die Witwe25 000 Mark von dem Verlag für die Veröffentlichung der Papiere. DasGeld wurde ihr nach Angaben der Zeitung über die Außenstelle der inHamburg ansässigen Deutschen Wohltätigkeitsgesellschaft übergeben.

Rosenberg sagte, sie werde wie schon seit längerem geplant amSamstag nach Budapest fliegen, um einige ihrer literarischen Arbeitenvorzustellen. Ursprünglich habe sie dann am Mittwoch nach Frankfurta.M. fliegen wollen, um auf der Buchmesse die von ihr geschriebeneBiografie «Ich, Emilie Schindler, Erinnerungen einer Unbeugsamen»vorzustellen. Auf jeden Fall wolle sie jedoch an der Beerdigungteilnehmen.