1. MZ.de
  2. >
  3. Panorama
  4. >
  5. Karneval: Anstößige Anfragen: Warum eine „Narrenbörse“ kommen soll

Karneval Anstößige Anfragen: Warum eine „Narrenbörse“ kommen soll

Wenn Funkenmariechen-Kostüme auf herkömmlichen Online-Plattformen als Secondhand-Ware angeboten werden, kommen auch mehr als unseriöse Anfragen. Thüringens Karnevalisten planen eine Alternative.

Von dpa 13.11.2025, 05:00
Mit einer „Narrenbörse“ möchte der Landesverband Thüringer Karnevalvereine den Mitgliedsvereinen Möglichkeiten geben, etwa Funkenmariechen-Kostüme zu verkaufen. (Symbobild)
Mit einer „Narrenbörse“ möchte der Landesverband Thüringer Karnevalvereine den Mitgliedsvereinen Möglichkeiten geben, etwa Funkenmariechen-Kostüme zu verkaufen. (Symbobild) picture alliance / dpa

Erfurt - Die Aufregung ist Thüringens obersten Karnevalisten anzuhören: Der Präsident des Landesverbands der Karnevalvereine, Christoph Matthes, spricht mal von „Bekloppten“, mal von „Perversen“. Gemeint sind Nutzer, die auf Online-Kleinanzeigen-Plattformen aus seiner Sicht unanständige Anfragen stellen, wenn dort Vereine und Aktive im Karneval etwa Funkenmariechen-Kostüme weiterverkaufen möchten. „Da sind welche, die fragen ernsthaft nach ungewaschenen Rüschenschlüpfern“, so Matthes. 

Solche oder schlimmere Anfragen kämen immer wieder vor. Auch deshalb setzt sein Verband auf eine eigene digitale „Narrenbörse“, die derzeit noch im Aufbau ist. Dort sollen Mitgliedsvereine des Landesverbands und externe Dienstleister künftig Angebote und Anfragen veröffentlichen können.

Plattform auch zum Ressourcenaustausch

Neben dem Kostümverkauf soll die Plattform auch den Austausch von Requisiten, Umzugsmaterial und Kleidung erleichtern. Das funktioniere zwar schon, „aber im Moment läuft das über Mundpropaganda“, so Matthes.

Auch Seminare sollen dort angeboten werden können. Auf der Website des Verbands heißt es, es sei ein Verifizierungssystem geplant, „um Betrug und Missbrauch zu minimieren“.

„Schlimm und schockierend“

„Es ist wirklich schlimm und schockierend“, sagt Jessica Mörstedt mit Blick auf anstößige Anfragen zu Online-Verkäufen von gebrauchten Tanz-Kostümen. Die Vorsitzende des Landesverbands für karnevalistischen Tanzsport in Thüringen spricht von einer schon länger existierenden Problematik. „Man fotografiert mittlerweile auch nicht mehr das Mädchen im Kostüm, sondern legt das Kostüm auf den Boden und macht ein Foto“, beschreibt sie den Online-Verkaufsprozess.

Die fragwürdigen Anfragen seien nicht unbedingt eindeutig justiziabel, so Mörstedts Einschätzung. „Es kann eine legitime Frage sein, wenn jemand wissen möchte, ob der Body des Kostüms eng anliegt.“ Wenn aber zusätzlich um ein Foto im getragenen Zustand gebeten werde, sollten Alarmglocken schrillen.

Gezielte Sensibilisierung

Inzwischen werde auch viel unternommen, um gegenzusteuern. „Der Landesverband setzt sich für eine Sensibilisierung bei dem Thema ein und erklärt, warum solche Fotos nicht verschickt werden sollten.“

Mörstedt verweist darauf, dass inzwischen auch bei Trainer-Schulungen beim karnevalistischen Tanzsport darauf hingewiesen werde, dass Bilder für Social Media-Accounts der Gruppen mit Bedacht gewählt werden sollten.

Reaktion aus dem Bundesverband 

Der Präsident des Bunds Deutscher Karneval (BDK), Klaus-Ludwig Fess, zeigt sich überrascht von der in Thüringen geschilderten Problematik. Er schließe zwar nicht aus, dass es solche Fälle gebe, allerdings seien sie noch nicht bei ihm angekommen. Er empfiehlt, bei obszönen Anfragen Anzeige zu erstatten, wo dies möglich sei. Der Kinder- und Jugendschutz werde im BDK sehr ernst genommen. 

Der Landesverband Thüringer Karnevalvereine hat Matthes zufolge derzeit 330 Mitgliedsvereine mit rund 30.000 Mitgliedern.