Angebliche Marienerscheinung Angebliche Marienerscheinung: Bistum nimmt die Schilderungen ernst

Düren/dpa. - Die betroffene Frau soll Mitte 30 sein und Melanie heißen.Sie will nicht im Rampenlicht stehen, scheut Interviews und lehnt es ab, fotografiert zu werden. Doch am zweiten Montag im Monat steht sie im Mittelpunkt hunderter Gläubiger aus ganz Deutschland. Sie reisen in die Voreifel, um mit dieser Frau in dem kleinen Kirchlein von Sievernich (Kreis Düren) zu beten. Der als tief gläubig beschriebenen Frau erscheint beim Gebet angeblich die Gottesmutter Maria und spricht zu ihr.
Zuletzt drängten sich 1000 Menschen in dem 450-Seelen-Dorf. «Dasgeht jetzt seit Oktober so», erzählt eine Bewohnerin, keineswegsgenervt, und deutet auf die Straße vor ihrem Einfamilienhaus: «DieLeute parken hier ihre Autos und ziehen dann quietschfidel mit ihrenCampingstühlchen zur Kirche. Denn sie wissen, dass sie eh keinenPlatz mehr bekommen.»
Dann quillt die Ansammlung der Pilger nach Schilderungen derDorfbewohner aus der kleinen schmucken Backstein-Kirche St.Johann-Baptist durch die Holztüre auf den angrenzenden Friedhof.Meistens seien es Auswärtige. «Die Leute hier sind eherzurückhaltend», erzählt eine Bewohnerin. Die Frau mit dem scheinbarguten Draht zu Maria kenne sie nicht - «die ist nicht von hier».
Die dürftige Nachrichtenlage über die angeblichenMarienerscheinungen ist Nährboden für bunte Spekulationen. Von derschwebenden Maria neben dem Altar ist die Rede, von einerLichterscheinung wird geschrieben, von Wunderheilungen, die die«Auserwählte» durch ihre Gebete vollbracht haben soll.
Auf der Suche nach Fakten und Deutung landen Medienleute undGläubige in diesen Tagen beim Beauftragten für Religions- undWeltanschauungsfragen des Bistums Aachen, Hermann-Josef Beckers. DasBistum nehme die Schilderungen über die angeblichenMarienerscheinungen ernst, sagt er. Die Frau sei glaubwürdig. Ob dieErscheinung selbst wahr sei, könne man nicht sagen und werde zur Zeitauch nicht geprüft.
Die Inhalte der so genannten Privatoffenbarung seien aberkeineswegs neu. Die Aufforderung zum Gebet oder zum Friedenentsprächen kirchlichen Lehren. «Offenbar ist das so vergessen, soverschüttet, dass es für manche Menschen erschütternd ist, wenn esjemand sagt», versucht er eine Erklärung für die Ergriffenheit derPilger von Sievernich zu geben.
Viele Anrufer fragten ihn, ob sie nach Sievernich fahren sollten.«Wenn ihr dahin geht, um zu glotzen, dann bleibt zu Hause», antworteer. «Ihr verstopft sonst die Straße.» Man müsse den Leuten sagen,worum es geht: «Es geht darum zu beten.»
Genau das will ein Mann aus Mönchengladbach. Er habe von derMarienerscheinung im Radio gehört. In der Hoffnung, es finde zur Zeitein Gebet statt, sei er auf dem Rückweg von einer Dienstreise spontannach Sievernich gefahren. «Ich bin gläubiger Christ», sagt er, «undich glaube daran, dass Maria der Frau erscheint.» Doch die hölzernenBänke in der Kirche sind leer. Allein die vielen Kerzen vor derinzwischen weithin bekannten Madonnenstatue zeugen davon, dass andiesem Tag schon viele vor ihm da waren.