Jugendschutz Alterskontrolle für Social Media? So könnte es gehen
Gewalt, Pornos, Extremismus: Viele Kinder sehen auf Tiktok und Co. verstörende Inhalte. Niedersachsens Kultusministerin will das verhindern. Ein pauschales Handyverbot an Schulen lehnt sie aber ab.

Hannover - Soziale Netzwerke wie TikTok oder Instagram bergen nach Ansicht von Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg große Risiken für Kinder. „Es gibt kaum ein Kind, das in der fünften oder sechsten Klasse noch nicht mit massiven Gewaltvideos, Pornografie und menschenverachtenden, extremistischen Aussagen in Berührung gekommen ist. Das melden uns die Schulen“, sagte Hamburg der Deutschen Presse-Agentur. „Wir müssen uns daher fragen, wie wir unsere Kinder schützen.“
Horrorfilme im Fernsehen zu sehen oder in ein Casino zu gehen, würde man Kindern nie erlauben, sagte die Grünen-Politikerin weiter. „Aber im Netz ist alles erlaubt. Da gibt es eine krasse Diskrepanz.“
Hamburg befürwortet daher eine Altersgrenze von 14 Jahren für Social Media. Neben der Förderung der Medienkompetenz gehöre es für sie dazu, den Kinderschutz ins Internet zu übertragen: „Damit Eltern ruhigen Gewissens sagen können, da, wo du dich im Internet aufhältst, bist du geschützt.“ SPD und Grüne im Landtag werben auch für spezielle Jugendkonten.
Alter könnte per Geburtsurkunde verifiziert werden
Doch wie könnte eine Altersgrenze im Netz überhaupt kontrolliert werden? Hamburg verweist dazu auf das Bundesfamilienministerium, das vor der Wahl ein Verfahren mit offiziellen Dokumenten geplant habe, ähnlich wie beim Online-Banking.
„Wenn man etwa die Geburtsurkunde hinterlegt, wäre klar, wie alt das Kind ist und was es sehen darf und was nicht. Dazu müsste man auch eine Einverständniserklärung der Eltern hochladen“, sagte Hamburg. „Diese sensiblen Daten würden beim Staat hinterlegt, die App würde lediglich abfragen, ob das Mindestalter erreicht ist.“ Wie Karin Prien (CDU) als neue Bundesfamilienministerin mit diesen Plänen umgehe, sei aber noch offen.
Schulen sollen Hilfe beim Umgang mit Social Media bekommen
Um die Medienkompetenz zu fördern, will das Land den Schulen zudem mehr Unterstützung an die Hand geben – „damit sich nicht jede Schule alles selber ausdenken muss“, sagte Hamburg. Die Handreichungen würden gerade mit Blick auf Social Media und KI nachgesteuert – auch zu der Frage, in welchem Alter man wie verfahren sollte.
„Die Schulen sollen einen Best-Practice-Überblick bekommen: Welche Verbände können helfen? Welche Arbeitsblätter und Ideen gibt es?“, stellte die Ministerin den Lehrkräften in Aussicht.
Kritik an Hessens Handyverbot: „verwirrend und wenig hilfreich“
Auch für den Umgang mit Handys sind Empfehlungen für die Schulen geplant – ein Handyverbot wie in anderen Ländern dagegen nicht. Das Handyverbot in Hessen etwa sei ein „Verbot mit 1.000 Ausnahmen“, kritisierte Hamburg. „Das halte ich eher für verwirrend und wenig hilfreich. Deswegen rede ich lieber von klaren Nutzungsregeln, die die Schulen selbst aufstellen können.“
Bereits heute haben nach Wahrnehmung der Ministerin alle Schulen ein Handykonzept: einige etwa mit einer Handyzone auf dem Pausenhof oder einer Handyerlaubnis nur für die Oberstufen. „Da will ich keiner Schule ein gutes Konzept verbieten“, sagte Hamburg. „Wichtig ist, dass die Schulen die Regeln mit den Schülern und Eltern verhandeln und dann auch miteinander leben.“
Schulen können selbst über Handys entscheiden
Allerdings funktionieren die Konzepte nicht überall gleich gut. „Manche sind damit extrem zufrieden, und andere sind damit hoch unzufrieden, weil es bei ihnen trotzdem nicht funktioniert“, räumt Hamburg ein. „Deswegen arbeiten wir gerade an einer Handreichung, um hier noch mal klare Empfehlungen zu geben, etwa in Form von Muster-Schulordnungen oder Konzepten, die anderswo bereits gut laufen.“
Der Plan sei es, Empfehlungen aus kinderärztlicher, psychologischer und pädagogischer Sicht abzugeben, um den Schulen den Rücken zu stärken. „Darauf können sie sich dann vor Ort berufen“, sagte Hamburg. „Die Schulen werden aber trotzdem selbst entscheiden können.“