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Alpen Alpen: Sennerin aus Schneegefängnis befreit

26.02.2009, 12:54
Das Foto der Polizei zeigt Helfer der Bergwacht, die sich zur komplett vom Schnee verschütteten Oberkaseralm bei Sachrang im Chiemgau (Oberbayern) vorarbeiten. (FOTO: DPA)
Das Foto der Polizei zeigt Helfer der Bergwacht, die sich zur komplett vom Schnee verschütteten Oberkaseralm bei Sachrang im Chiemgau (Oberbayern) vorarbeiten. (FOTO: DPA) Polizeihubschrauberstaffel

Rosenheim/Bad Tölz/dpa. - Trotz der hohenLawinengefahr starten zahlreiche Tourengeher in die Berge - dieschweren Unglücke mit fünf Toten binnen nur einer Woche schrecken sienicht ab. Dabei ist die Lage weiter gefährlich, vielerorts löstensich in den vergangenen Tagen Lawinen von selbst und donnerten insTal. In Gschnitz in Österreich entkam ein älteres Bauernehepaar mitknapper Not einer Lawine, die mit ihren Ausläufern auf den Hofzuraste. Am Geigelstein in den Chiemgauer Alpen harrte eine Sennerinzwei Tage in ihrer vier Meter tief unter dem Schnee vergrabenen Hütteaus, bis sie mit dem Hubschrauber in Sicherheit gebracht wurde.

Die 84-Jährige, die ständig auf der Oberkaseralm auf rund1500 Metern lebt, hatte zunächst ausgehalten, schließlich aberdoch über Telefon einen Notruf abgesetzt. Die Helfer mussten einenvier Meter tiefen Zugang graben, um die Sennerin aus ihremSchneegefängnis zu bergen - dabei drohten bereits weitere Lawinen.

Zahlreiche Straßen mussten gesperrt werden. Nach der Verschüttungder Straße zum Spitzingsee, eines der Hausskigebiete der Münchner,waren Bewohner, Urlauber und Tagesausflügler knapp einen Tag von derAußenwelt abgeschnitten. Vielerorts wie am Spitzing und an derZugspitze wurden die Lawinen gesprengt, in einigen Skigebietenstanden wegen der großen Lawinengefahr die Lifte still.

Einheimische erinnern sich an den Rekordwinter von 2006, alsBayern im Schnee versank und beim Einsturz der Eissporthalle in BadReichenhall 15 Menschen starben. «Man kann es vergleichen mit dem,was wir vor drei Jahren hatten», sagt Sabine Längst, langjährigeWirtin der Waldherrnalm bei Bad Tölz und nun Vermieterin vonFerienwohnungen in Lenggries. Gut ein Meter Schnee liegt allein inden Dörfern im Tal, die 2962 Meter hohe Zugspitze meldet vier Meter.

Am Mittwoch herrschte in den bayerischen Alpen großeLawinengefahr mit der zweithöchsten Warnstufe 4, am Donnerstag senktedie Lawinenwarnzentrale die Stufe auf 3. Dies dürfe jedoch nichtunterschätzt werden, mahnt Georg Kronthaler vom LawinenwarndienstBayern. «Wenn jemand keine Erfahrung hat, sollte er nicht abseits derPisten unterwegs sein.»

Viele Tourengeher steigen deshalb am Rande gesicherter Pisten auf.Andere wählen als ungefährlich geltende Touren wie den 1348 Meterhohen Zwiesel bei Bad Tölz. «Der Zwiesel ist sicher», sagt eineWintersportlerin und schnallt die Skier an. Ein anderer Bergtouristwählt stattdessen die Schneeschuhe. «Das ist weniger gefährlich»,meint er. Damit könne er leichter in den Wald ausweichen.

Ein gefährlicher Trugschluss: «Die Schneeschuhe sind nichtsicherer - warum auch?», warnt der Sprecher des DeutschenAlpenvereins (DAV), Thomas Bucher. «Wenn man in eine Lawinereinkommt, ist es mit Schneeschuhen und Skiern ungefähr gleichschlecht.» Und er stellt klar: «Der Wald ist auch nicht per sesicher.» Gelegentlich, etwa bei Regen, kann der Wald sogar nochgefährdeter sein als freies Gelände, weil das Wasser viel schnellerdurch den grobkörnigen Schnee zum Boden durchdringt und ihn zumAbrutschen bringt, erläutert Kronthaler vom Lawinenwarndienst.

Das Tiefschnee-Abenteuer abseits gesicherter Pisten hat in dieserSaison in Bayern schon sechs Tote gefordert - so viele wie imSchnee-Winter 2005/2006. Alle Opfer waren Einheimische, dieviel in den Bergen unterwegs waren - ein am Hochgrat im Allgäuvermisster Mann konnte noch nicht einmal geborgen werden, er liegtwahrscheinlich metertief unter dem Schnee.

Die weiße Gefahr ist noch nicht gebannt. Bis Freitag soll eswieder schneien und teils regnen. Am Wochenende ist etwas Sonneangesagt - das wäre wieder Tourenwetter. Die genaue Entwicklung derLawinengefahr sei schwer vorherzusagen, betont Experte Kronthaler.«Mit der Erwärmung ist aber zu erwarten, dass in den tieferenBereichen die Gefahr der Selbstauslösung wieder ansteigt.»