Agent 007 Agent 007: Seit 40 Jahren ist James Bond beim Film

London/dpa. - James-Bond-Fans sind wie Kleinkinder, hat Roger Moore einmal gesagt. «Sie wollen jeden Abend die gleiche Gute-Nacht- Geschichte hören.» 40 Jahre ist die Serie nun alt, und 20 Filme hat sie seit dem Erstlingswerk «007 jagt Dr. No» (1962) hervorgebracht.
Obwohl sich die Kritik weitgehend einig ist, dass der dramaturgische Höhepunkt schon vor gut 30 Jahren überschritten wurde, könnte Pierce Brosnan durchaus Recht haben, wenn er voraussagt: «Bond wird es auch in 50 Jahren noch geben.» Die Abenteuer des Doppel-Null-Agenten im Dienste von Königin Elizabeth II. sind die erfolgreichste Fortsetzungstory der Filmgeschichte. Bisherige Einnahmen: Acht Milliarden Euro. Bond Nr. 20, «Stirb an einem anderen Tag» (Die Another Day), feiert am 18. November in London Premiere vor königlichem Publikum und läuft 10 Tage später in Deutschland an.
Es ist wohl so, wie der Vorsitzende der britischen Labour-Partei, Hugh Gaitskell, schon Anfang der 60er Jahre an den Schriftsteller und Bond-Erfinder Ian Fleming (1908-1964) schrieb: «Die Kombination von Sex, Gewalt und Alkohol ist unwiderstehlich für einen, der ein so eingeschränktes Leben führt wie ich.»
Noch vor einigen Tagen versicherte ein echter britischer Geheimagent, «Mr. D», vor Gericht, der Alleskönner mit der Lizenz zum Töten sei eine Märchenfigur wie Tarzan oder Indiana Jones. Und doch hat es James Bond wirklich gegeben - als friedlichen Vogelkundler, dessen Namen sich Fleming für seinen Helden auslieh. Fleming war im Zweiten Weltkrieg selbst britischer Agent gewesen. Dank seiner hervorragenden deutschen Sprachkenntnisse - er hatte in München studiert - war ihm ein schneller Aufstieg in den Reihen des legendären MI6 vergönnt.
Der erste Bond-Roman «Casino Royal» erschien 1953, gefolgt von 13 Fortsetzungen. 1961 war die Reihe bereits ein Welterfolg; US- Präsident John F. Kennedy führte «Liebesgrüße aus Moskau» als eines seiner Lieblingsbücher auf. Da war es nicht verwunderlich, dass die Produzenten Albert R. Broccoli (1909-1996) und Harry Saltzman (1915- 1994) vorschlugen, einen Film daraus zu machen.
Entsetzt war der Autor, als ihm der Anwärter auf die Hauptrolle vorgestellt wurde: ein ehemaliger Sargpolierer aus Schottland namens Sean Connery. «Ich suche Commander Bond und keinen zu groß geratenen Stuntman mit dem Gesicht eines Lastwagenfahrers», schnaubte Fleming, der den aristokratischen Mimen David Niven bevorzugt hätte.
Connery, der vom ersten Film an ein Toupet trug, gilt bis heute als der beste, der klassische Bond. Sein farbloser Nachfolger George Lazenby verschwand nach nur einem Auftritt in der Versenkung. Mit Roger Moore kam ein Bond-Parodist, der die Filme als «Komödien» betrachtete. Shakespeare-Schauspieler Timothy Dalton wollte aus der kugelsicheren Tötungsmaschine «ein menschliches Wesen machen». Der seit 1995 nun schon zum vierten Mal amtierende 007 Pierce Brosnan will ganz einfach «den ultimativen Helden» spielen.
James Bond ist eigentlich ein kalter Krieger, der durch den Fall der Berliner Mauer seine Berufung verloren hat. Zwar wurde er seitdem in Afghanistan gegen islamische Terroristen und in Russland gegen die Mafia eingesetzt, doch wirkt er nach den Worten seines Chefs «M» wie ein «Dinosaurier» aus grauer Vorzeit.
«Wir haben darüber diskutiert, ob Bond jetzt Bin Laden schnappen soll», erzählt Brosnan über den neuen Streifen. Aber das nimmt ihm so leicht keiner keiner ab. Eine solche Vermischung mit der Realität wäre für die Produzenten ein unnötiges Risiko. Auf die Frage, inwieweit der 11. September das Genre beeinflusst hat, fällt dem Regisseur Lee Tamahori im dpa-Gespräch nur ein: «Wir lassen keinen mehr verbrennen.» Und so rettet 007 im seinem 20. Fall die Welt vor einem Größenwahnsinnigen aus dem totalitären Nord-Korea.
Ein guter Bond, so heißt es, steht und fällt mit dem Bösewicht. Legendär sind die verhinderten Weltvernichter der Anfänge: Ernst Stavro Blofeld mit seiner weißen Katze auf dem Schoß, die KGB- Killerin Rosa Klebb - und natürlich Auric Goldfinger, meisterhaft linkisch gespielt von Gert Fröbe. Das waren noch Dialoge damals: «Erwarten Sie von mir, dass ich rede?» - «Nein, Mr. Bond. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben.»
«James, was ist aus dir geworden?» würde Mrs. Moneypenny fragen. Feminismus, Aids, Gesundheitswelle und politische Korrektheit haben ihm alles vermiest, was Spaß macht im Leben. Er muss für die Länge eines ganzen Films einigermaßen treu bleiben, auf Zigaretten verzichten und nun sogar auf Mineralwasser umsteigen. Die größte Demütigung: Sein Chef «M» ist seit Jahren eine Frau.
Eines aber hat sich nie geändert: Bond hat schöne Girls, schnelle Autos und tödliche Waffen. Und er gewinnt immer. Gerade das ist sein Erfolgsheimnis, meint der italienische Schriftsteller Umberto Eco. Jeder kennt die Spielregeln, jeder kann mitreden. Die «minimalen Variationen, unter denen der Sieger ans Ziel gelangt», sind des wahren Bond-Liebhabers größtes Vergnügen.