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Adria-Fähre Adria-Fähre: Die Suche nach Todesopfern der "Norman Atlantic" geht weiter

30.12.2014, 19:59
Das abgebrannte Wrack der „Norman Atlantic“
Das abgebrannte Wrack der „Norman Atlantic“ AP Lizenz

Athen - Nach dem Brand der Fähre „Norman Atlantic“ in der Adria geht die Suche nach möglichen Opfern weiter. Der italienische Ermittlungschef Giuseppe Volpe erklärte, es sei „wahrscheinlich“, dass in dem Schiff weitere Leichen gefunden werden. Bis Dienstagabend wurden elf Todesopfer geborgen, zudem starben zwei albanische Seeleute bei der Bergungsaktion für das Schiff.

Angesichts offensichtlich fehlerhafter Passagierlisten war weiterhin völlig unklar, wie viele Menschen tatsächlich an Bord waren. Schiffe und Hubschrauber suchten am Dienstag in rauer See rund um das ausgebrannte Wrack weiter nach Leichen. Die Fähre war am Montag komplett evakuiert worden. 427 Menschen wurden gerettet, darunter 56 Besatzungsmitglieder. Laut Passagierliste waren jedoch insgesamt 475 Menschen an Bord - damit wäre das Schicksal von fast 40 Passagieren ungewiss. Nach Angaben der italienischen Behörden sind unter den von der Fähre geretteten Menschen auch mehrere Flüchtlinge, die als blinde Passagiere an Bord gelangt waren. Dies mache es „wahrscheinlich“, dass in dem Wrack weitere Leichen gefunden würden, sagte Staatsanwalt Volpe. Es wird befürchtet, dass sich in parkenden Lastwagen Migranten versteckten, und dass weitere Passagiere in ihren Kabinen verbrannten oder erstickten.

Ermittlungen wegen fahrlässigen Totschlag

Mehr als 24 Stunden nach der Rettung der letzten Passagiere sind rund 200 der Geretteten wieder wieder an Land. Das italienische Marineschiff „San Giorgio“ mit dem Großteil der Überlebenden an Bord traf am Dienstagabend in der süditalienischen Hafenstadt Brindisi ein. Die Passagiere hatten nach ihrer Rettung von der „Norman Atlantic“ noch weitere lange Stunden auf dem stürmischen Meer verbringen müssen, weil die Bergungsmannschaften rund um das ausgebrannte Wrack am Dienstag weiter nach Leichen suchten. Die Abfahrt der „San Giorgio“ nach Brindisi hatte sich daher verzögert.

Das Drama hatte am frühen Sonntagmorgen begonnen, als auf einem Autodeck der „Norman Atlantic“ ein Feuer ausbrach und sich rasend schnell ausbreitete. Manövrierunfähig trieb das brennende Schiff danach in Richtung albanischer Küste. Erst nach einer anderthalbtägigen Rettungsaktion konnten die letzten Menschen von der Fähre geborgen werden. Gerettete Passagiere beschrieben die Besatzung der Fähre als komplett unvorbereitet für den Notfall. Die Crew habe keinerlei Anweisungen erteilt. Die Griechin Theodora Doulis, deren Mann Giorgos bei dem Unglück ertrank, berichtete zudem, das Autodeck der Fähre habe nach Benzin gestunken. Andere Überlebende berichteten von der Panik an Bord.

Ute Kilger aus Deutschland schilderte italienischen Medien, wie sich ein beleibter Mann an Frauen, Kindern und alten Menschen vorbeidrängelte, um vor ihnen in einen Hubschrauber gezogen zu werden: „Er ist einfach hingegangen und hat sich in den Rettungskorb gesetzt, der ganz klar für die Kinder bestimmt war“, sagte die 45-jährige Anwältin. Die italienischen Behörden ermitteln inzwischen wegen fahrlässigen Totschlags gegen die italienische Reederei des Schiffes, das griechische Fährunternehmen Anek und den italienischen Kapitän. Am Dienstag leitete auch die griechische Justiz Ermittlungen ein. (afp)