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Verkehr ADFC: „Wer mehr Radverkehr will, muss die Radwege ausbauen“

Totz besserer Ausrüstung und Infrastruktur bleibt die Zahl der im Verkehr getöteten Radfahrer in Bandenburg unverändert hoch. Denn das Verkehraufkommen steigt weiter und damit die Zahl schwerer Unfälle. Der ADFC fordert daher den Verzicht auf den Ausbau von Autostraßen.

Von dpa 23.03.2023, 05:35
Radfahrer fahren auf einem Radweg.
Radfahrer fahren auf einem Radweg. Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

Potsdam - Die Zahl der getöteten Radfahrer ist im vergangenen Jahr gegenüber 2021 um einen auf 19 gestiegen und auch die Zahl der verletzten Radfahrer stieg um gut 4 Prozent auf knapp 3000 Menschen. Ein Grund für diese negative Entwicklung trotz fortlaufender Verbesserung der Infrastruktur sei das steigende Verkehrsaufkommen, sagte der Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC), Stefan Overkamp, der dpa. Dies gelte für den Rad- und den Autoverkehr.

Mit dem Anteil der E-Bikes steige wegen der höheren Geschwindigkeit und des höheren Gewichts der Räder auch die Zahl schwerer Unfälle mit Radfahrern, erläuterte Overkamp. Und überproportional häufig seien Senioren betroffen. Im Alter lasse die Fähigkeit nach, viele Sinneseindrücke in kurzer Zeit zu verarbeiten und schwierige Situationen mit dem Gleichgewichtssinn auszugleichen. „Und die oft jahrzehntealte Infrastruktur der Radwege ist für die hohen Geschwindigkeiten der E-Bikes nicht geeignet“, warnte Overkamp.

Wenn die Landesregierung ihr selbst gestecktes Ziel erreichen wolle, den Radverkehrsanteil von derzeit 11 Prozent auf 20 Prozent zu erhöhen, müsse sie statt eines weiteren Ausbaus von Autostraßen daher den Ausbau der Rad-Infrastruktur vorantreiben, forderte Overkamp. Denn wer die Zahl der Radfahrer verdoppeln wolle, müsse die Menschen überzeugen, die bislang aus Angst kein Fahrrad fahren oder weil es ihnen zu unbequem ist. „Und das geht nur mit einer besseren Rad-Infrastruktur.“

Der Ausbau von Straßen führe dagegen nur zu mehr Autoverkehr, weil dies den Radius der Menschen erhöhe, erklärte Overkamp. „Mit jeder Schnellstraße, jeder Ortsumgehung und jedem Straßenausbau erzeuge ich mehr Autoverkehr, weil die Menschen so längere Strecken in einer Zeiteinheit schaffen.“ Denn die Menschen planten eine Fahrt nicht anhand der Strecke, sondern anhand der verbrauchten Lebenszeit. „Wenn ich in zwanzig Minuten 50 Kilometer schaffen kann, statt nur 20 Kilometer, ist alles, was sich im Umfeld von 50 Kilometern befindet, für mich attraktiv“, verdeutlichte der ADFC-Vorsitzende.

Die Formel „Bessere Autostraßen - mehr Autoverkehr“ gelte auch für den Radverkehr, erklärte der ADFC-Vorsitzende. „Wenn ich mehr Radverkehr will, muss ich also eine bessere Infrastruktur bauen.“ Als Beispiel verwies Overkamp auf die Niederlande, wo es sichere Radwege auch für Kinder und alte Menschen auf allen Strecken gebe. „Der Anteil des Radverkehrs ist dort entsprechend hoch bei fast 30 Prozent und in manchen Städten bis zu 50 Prozent“, berichtete er.

Wenn man schnell, bequem und sicher von A nach B wolle müsse man bei der derzeitigen Infrastruktur dagegen in Deutschland meist noch sagen: „Nimm das Auto“, meinte Overkamp. „Daher müssen wir eine andere Situation schaffen, damit Menschen freiwillig sagen: „Nein, nicht das Auto ist das Beste, sondern es ist das Rad, der Bus oder der Zug.“ Sonst bleiben nachher nur Verbote - und das will niemand.“

In den Städten mit insgesamt weniger Platz für die Verkehrsflächen müsse die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer Vorrang vor der Flüssigkeit des Verkehrs haben, forderte der ADFC-Vorsitzende. „Wo ich keinen vernünftigen Rad- oder Fußweg habe, aber zwei Autospuren oder Parkflächen - da müsste man die Flächen entsprechend umwidmen.“