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Anschlag auf Weihnachtsmarkt Abgeordnete kritisieren Auftritt von Oberstaatsanwalt

Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt kann im Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg kaum Angaben machen. Die Abgeordneten reagieren irritiert.

Von dpa Aktualisiert: 28.11.2025, 14:59
Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt Nopens soll erneut als Zeuge geladen werden. (Archivbild)
Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt Nopens soll erneut als Zeuge geladen werden. (Archivbild) Jan Woitas/dpa

Magdeburg - Der leitende Magdeburger Oberstaatsanwalt Horst Walter Nopens hat sich im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt nicht näher zum Täter äußern wollen. Auf Nachfrage der Abgeordneten antwortete er immer wieder, dass er zu Verfahren vor seiner Zeit keine Auskunft erteilen könne. Die Mitglieder des Ausschusses zeigten sich irritiert. Nopens soll nun erneut als Zeuge geladen werden. 

In den vergangenen Jahren war der Todesfahrer Taleb al-Abdulmohsen immer wieder mit den Behörden in Kontakt gekommen, entweder weil er selbst Anzeigen erstattet hatte oder weil gegen ihn ermittelt wurde.

Nopens erklärte, er könne keine Angaben machen, weil die Verfahren vor dem Anschlag im Dezember 2024 außerhalb seiner Dienstzeit liegen würden. Er habe erst im Juli 2024 die leitende Stelle in Magdeburg übernommen und vorher in Dessau-Roßlau gearbeitet. Wenn der Ausschuss Informationen zu den Akten haben wolle, müsse er diese eigenständig aufbereiten, sagte der Oberstaatsanwalt. „Ich bin als Zeuge geladen, nicht als Sachverständiger oder Gutachter.“

Zeuge soll erneut geladen werden

FDP-Obmann Guido Kosmehl schlug nach einer Unterbrechung der öffentlichen Sitzung vor, den Zeugen zu einem späteren Zeitpunkt erneut vorzuladen. Kosmehl sagte in Richtung von Nopens, es gebe sicherlich Möglichkeiten, sich in die Verfahren einzuarbeiten. Er betonte, es gehe auch um das Handeln der Behörde insgesamt. 

„In Anbetracht des schrecklichen und brutalen Anschlages konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Behördenleiter in Sachsen-Anhalt sich so verhält. Von Respekt muss ich erst gar nicht sprechen“, erklärte die CDU-Obfrau Kerstin Godenrath. Das Auftreten des Zeugen sei weder angemessen noch würdig „und stellte die Mitwirkungsbereitschaft der Staatsanwaltschaft Magdeburg infrage“.

Immer wieder ist der Arzt aufgefallen

Taleb al-Abdulmohsen war im Dezember 2024 mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt von Magdeburg gefahren. Sechs Menschen wurden getötet, mehr als 300 wurden zum Teil schwerst verletzt. Derzeit läuft am Landgericht Magdeburg der Prozess gegen den Mann aus Saudi-Arabien.

Allein in Nordrhein-Westfalen war der Todesfahrer vor dem Anschlag insgesamt in elf Verfahren involviert. In drei Verfahren sei er der Beschuldigte gewesen, bei acht Vorgängen habe er Anzeige erstattet, sagte der leitende Kölner Oberstaatsanwalt Stephan Neuheuser im Untersuchungsausschuss.

40 Verfahren insgesamt

Bei den Auseinandersetzungen in Nordrhein-Westfalen ging es immer wieder um den Verein „Säkulare Flüchtlingshilfe“ in Köln. Er kümmert sich um die Interessen atheistischer Flüchtlinge. Mehrfach stellte al-Abdulmohsen Anzeige gegen Mitarbeiter, er warf ihnen etwa vor, Spendengelder veruntreut zu haben, beleidigt worden zu sein oder im Interesse der Regierung Saudi-Arabiens tätig zu sein. Außerdem wurde al-Abdulmohsen Beleidigung vorgeworfen. Die Verfahren wurden letztlich alle eingestellt.

Laut der Ausschussvorsitzenden Karin Tschernich-Weiske (CDU) gab es bundesweit insgesamt 40 Verfahren - 25 Anzeigen von al-Abdulmohsen sowie 15 Anzeigen gegen ihn. Zu Verurteilungen von al-Abdulmohsen sei es aber nur in zwei Fällen gekommen - einmal wegen einer Bedrohung in Rostock und einmal wegen eines Notrufmissbrauchs in Berlin, sagte sie. In Magdeburg und Köln sei es nicht zu Verurteilungen gekommen, so Tschernich-Weiske. Sie betonte, der Mann habe immer wieder Drohungen ausgesprochen.

Kein hinreichender Tatverdacht

Oberstaatsanwalt Neuheuser sagte, man habe sich jeden Sachverhalt angeschaut. Bei den eingestellten Verfahren in Köln habe es letztlich keinen Anfangsverdacht oder hinreichenden Tatverdacht gegeben.

Ein Polizeibeamter in Köln hatte nach einem Gespräch mit al-Abdulmohsen im März 2023 eine psychische Erkrankung bei dem Mann vermutet und dies auch festgehalten. Das hatte jedoch keine größeren Konsequenzen, die Information wurde auch nicht an die Behörden in Sachsen-Anhalt übermittelt. Neuheuser sagte, es habe sich um eine laienhafte Einschätzung gehandelt. Für eine Übermittlung der Information habe es zudem keine Rechtsgrundlage gegeben.

Ein in die Ermittlungen involvierter leitender Magdeburger Beamter aus dem Bereich polizeilicher Staatsschutz sagte im Ausschuss, man habe al-Abdulmohsen als „querulantischen Vielschreiber“ eingestuft, der mit Entscheidungen von Behörden nicht einverstanden gewesen sei. Er habe über Jahre hinweg immer die gleichen Sachverhalte vorgetragen. „Von der Gefahr eines Anschlages bin ich zu keinem Zeitpunkt ausgegangen.“