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Zugunglück Hordorf Zugunglück Hordorf: Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Prozess

Von Daniel Wenisch 27.11.2012, 10:11
Eine Regionalbahn des «HarzElbeExpress» (HEX) faehrt durch den Bahnhof von Hordorf. (FOTO: DPA)
Eine Regionalbahn des «HarzElbeExpress» (HEX) faehrt durch den Bahnhof von Hordorf. (FOTO: DPA) dapd

Magdeburg/DAPD. - Zehn Menschen verloren ihr Leben, 22 wurden verletzt. Folgende Fragen bestimmten die sieben Verhandlungstage, an denen mehr als 30 Zeugen und Sachverständige gehört wurden:

Auf welcher Lok war der Angeklagte?

Bereits kurz nach dem Unglück kursierte am Unfallort das Gerücht, dass sich der Lokführer entgegen der Vorschriften auf der hinteren der beiden Loks des Güterzuges befunden haben soll. Damit hätte er keine freie Sicht auf die Strecke gehabt. Ein Zeuge stützte diese These während des Prozesses, machte aber widersprüchliche Angaben zum zeitlichen Ablauf. Dass der Angeklagte nahezu unverletzt blieb, schließt nach Einschätzung einer Gerichtsmedizinerin nicht aus, dass er auf der ersten Lok war. Mehrere Techniker, die die Loks begutachtet und die Fahrdaten ausgewertet hatten, sagten zudem aus, dass der Zug definitiv von der vorderen Lok aus gesteuert wurde. Staatsanwaltschaft und Verteidigung sahen dies in ihren Plädoyers als erwiesen an.

Hat der Angeklagte zum Zeitpunkt des Zusammenstoßes telefoniert?

Mit seinem Privathandy telefonierte der Angeklagte laut Datenauswertung während des Unfallzeitpunktes nicht. Verwirrung gab es aber um ein Telefonat mit dem Diensthandy, weil dessen Uhr ungenau eingestellt war und auch der Unfallzeitpunkt nicht exakt bestimmt werden konnte. Der Angeklagte wurde etwa zum Unglückszeitpunkt von seiner Firma angerufen. Dabei handelte es sich aber offenbar um ein erstes Telefonat nach dem Zusammenstoß. Die Frage, ob ein DVD-Player, der sich vermutlich im Führerhaus befand, während der Fahrt in Betrieb war, blieb unbeantwortet. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft war der Angeklagte weder durch ein Telefonat noch durch eine DVD abgelenkt.

Wie waren die Sichtverhältnisse?

Am Unglücksabend war es in Hordorf sehr neblig. Darüber waren sich alle Zeugen einig. Die Einschätzungen der Sichtweite variierten aber von wenigen Metern bis zu 300 Meter. Staatsanwaltschaft und Vertreter der Nebenkläger kritisierten, dass der Lokführer zu schnell gefahren sei und die Geschwindigkeit nicht den Sichtverhältnissen anpasst habe.

Wie sicher war die Strecke?

Die Verteidigung sieht die Hauptschuld für das Unglück bei der Deutschen Bahn. Auf der Trasse sei es zuvor schon mehrfach beinahe zu Zusammenstößen gekommen, ohne dass die Bahn reagiert habe. Wäre die Strecke rechtzeitig mit der sogenannten Punktförmigen Zugbeeinflussung ausgestattet worden, wäre nach Überfahren der Signale eine Zwangsbremsung ausgelöst und der Zusammenstoß vermieden worden, lautete die Argumentation. Einige Nebenkläger forderten daher, dass auch die Bahn auf die Anklagebank müsse. Zugleich kritisierten sie aber, dass der Angeklagte nicht vorsichtiger gefahren sei, obwohl er über die Gefährlichkeit der Strecke Bescheid gewusst habe.

Welche Strafe wurde gefordert?

Staatsanwaltschaft und Verteidigung plädierten auf eine einjährige Bewährungsstrafe. Ein Nebenklagevertreter forderte fünf Jahre Haft, die anderen zehn Anwälte der Opfer und deren Angehörige nannten kein konkretes Strafmaß.