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Zeitung in der Schule Zeitung in der Schule: «Ich werde jetzt öfter lesen»

Von Jörg Müller 27.01.2004, 20:28

Spergau/MZ. - Wasserwerk und Boxtraining, Suchtberatung und Erdgasauto - zu diesen und anderen Themen haben 630 Schüler im Landkreis Merseburg-Querfurt im Rahmen des Projekts "Zeitung in der Schule" recherchiert. Vor allem aber nahmen sie die MZ unter die Lupe.

Das passte doch wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: Gerade hatte sich die Klasse 9 a der Querfurter Sekundarschule "Philipp Müller" in Chemie mit der Destillation von Kohlenwasserstoffen beschäftigt, da konnte sie am Dienstag eine großindustrielle Destillationsanlage kennen lernen.

Im Rahmen des Projekts "Zeitung in der Schule" (Zisch) waren die Jugendlichen in der Total Raffinerie Leuna / Spergau zu Gast, wo sie zum Thema Umweltschutz recherchierten. In den nächsten Tagen werden sie darüber Artikel für die MZ-Lokalausgabe Merseburg schreiben. "Das ist schon interessant hier", meinte Albert Bütof. Und wie hat ihm Zisch gefallen? "Ich glaube, ich werde jetzt auch zu Hause öfter Zeitung lesen", so der 15-Jährige. "Ich lese jetzt intensiver und finde mich besser in der Zeitung zurecht."

Genau das sind auch die Hauptanliegen des Projektes: Die Jugendlichen sollen Aufbau und Inhalt sowie die Sprache von Zeitungen kennen lernen. "Ganz wichtig ist, dass man beim Lesen auswählen kann", sagt Winfried Spiegel vom Aachener Institut zur Objektivierung von Lern- und Prüfungsverfahren (Izop), das das Projekt fachlich begleitet. "Diese Lese-Erziehung braucht Zeit." Deshalb dauere Zisch auch jeweils drei Monate - ein Zeitraum, den manche Lehrer zunächst als zu lang empfinden. "Wir brauchen diese Zeit", ist dagegen Spiegels Erfahrung. "Schließlich wollen wir, dass Zeitunglesen für die Schüler zu einer lieben Gewohnheit wird."

In Querfurt scheint das gelungen zu sein. "Ich denke, den meisten Schülern wird etwas fehlen, wenn die Zeitung in der nächsten Woche nicht mehr in die Schule kommt", sagt Deutschlehrerin Dagmar Bredy, die das Projekt betreut hat. "Am Anfang waren viele dagegen, weil Zeitunglesen ja Arbeit macht. Mittlerweile lesen sie richtig gern und reden auch darüber." Besonders beliebt sei dabei die Panorama-Seite, aber auch der Lokalteil.

Ähnliche Erfahrungen haben auch die anderen Lehrer gemacht. "Meine Schüler waren sehr skeptisch", sagt Gabriele Walter von der Merseburger Sekundarschule "Albrecht Dürer". "Mittlerweile finden sie sich in der Zeitung zurecht und lesen gezielt." Auch Uta Zeising, die an der Sekundarschule Schkopau mit zwei 10. Klassen teilgenommen hat, stellt fest, dass die Zeitung zum festen Bestandteil geworden sei. "Die meisten Schüler werden sie vermissen." Auch die Exkursion ins Bildungszentrum Energie nach Halle sei hochinteressant gewesen.

Mit diesen Exkursionen hat es folgendes auf sich: Die Schüler sollen nicht nur täglich die Zeitung lesen und nach verschiedenen Kriterien auswerten, sondern können sich auch selbst als Reporter versuchen. Im Mittelpunkt standen dabei diesmal die Themen Chemie und Energie. So ging es zum Beispiel um die Produkte der Spergauer Raffinerie und die auffällige Fackel auf ihrem Gelände; Jugendliche besuchten die Leitstelle in der Mitgas-Zentrale und lernten ein Erdgasauto kennen; die Infraleuna stellte ihr Wasserwerk und ihre Werksfeuerwehr vor. Aber auch in einer Suchtberatungsstelle und einer Fahrschule recherchierten Schüler, andere interviewten junge Boxer oder den Triathleten Falk Cierpinski.

"Wir unterstützen Zisch, um bei den Jugendlichen Interesse für Technik und Naturwissenschaften zu wecken", sagt Olaf Wagner, Sprecher der Total Raffinerie. "Und die Zeitung ist ja aktueller als jedes Lehrbuch." Annekathrin Blasczyk von der Mitgas freut vor allem, dass es den Schülern Spaß macht. "Es ist ein sehr gutes Projekt."