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Wolfener Schwefelsäure Wolfener Schwefelsäure: Gift-Entsorgung zieht sich hin

Von Birger Zentner 14.04.2003, 16:12

Greppin/MZ. - Greppins Bürgermeister Joachim Schunke hat es aufgegeben, die Tür zum stillgelegten Betriebslabor der Wolfener Schwefelsäure und Zement GmbH zunageln zu lassen. "Wir können das gerne machen, aber es sind ja in dem ganzen Gebäude keine Fenster mehr drin. Der Zugang lässt sich nicht verhindern", konstatiert er.

In die Schlagzeilen war das vor zwei Jahren pleite gegangene Unternehmen im Chemiepark Bitterfeld vor wenigen Tagen geraten, als die MZ auf die Vielzahl von frei zugänglichen Chemikalien in dem Labor aufmerksam machte. Auch die Tanks und Rohrleitungen, in denen sich zumindest noch Schwefelsäurereste befinden, waren nur unzureichend geschützt. Zudem lagern in Betonsilos auf dem Gelände rund 5000 Tonnen Abfallstoffe.

"Wir haben jetzt alles in die Wege geleitet, damit die Entsorgung erfolgen kann", sagte Andreas Borschel, Sprecher des Regierungspräsidums (RP) Dessau. Im Klartext bedeutet das, das Land zu bewegen, schnell rund 1,3 Millionen Euro für die fachgerechte Entsorgung der Stoffe freizugeben. Einen Zeitpunkt vermochte Borschel allerdings nicht zu nennen.

Derweil muss Greppin weiter für die Sicherheit des Geländes sorgen. "Wir haben die Tore verschlossen und an der bisher ungesicherten Entladerampe einen Bauzaun aufgestellt", erklärte Schunke. Allerdings fehlten einen Tag später schon wieder Teile davon. Ketten an den Toren werden immer wieder geknackt. "Jahrelang können wir das Gelände jedenfalls nicht sichern", meint der Bürgermeister. Er hat Landratsamt und RP nachdrücklich aufgefordert, die gefährlichen Stoffe wegzuschaffen. Im Landratsamt hebt man die Hände. Zuständig sei man eigentlich nicht, sagt Sprecher Udo Pawelczyk. Aber dennoch sehe man mit Sorge auf diesen Zustand. Von den Chemikalien gehe Gefahr aus. Da habe man eine andere Sicht, als Vertreter des RP, die sich bei einem Ortstermin die Sache besahen. Damals hieß es, es bestehe keine Gefahr, auf das Gelände komme man nur illegal.

In einem Schreiben habe man Ende März das RP noch einmal aufgefordert, die Abfälle und Chemiekalienreste zu beseitigen, so Pawelczyk. Dem wolle man ja auch nachkommen, so RP-Sprecher Borschel, aber das Geld aus Magdeburg sei noch nicht da. Dann müsse auch noch eine ordentliche Vergabe an eine Entsorgungs-Firma durchgeführt werden. Wenigstens die Beseitigung der Chemikalienreste im Labor wolle man "mit einer freihändigen Vergabe" beschleunigen.

Für die ganze Aktion wird letztlich der Steuerzahler aufkommen müssen. Die einstigen Gesellschafter der GmbH, die Brüder Hanno und Götz Reimann aus Essen, sind zwar heute auch die Liquidatoren, doch sie sehen sich als nicht zuständig an. Rein rechtlich sind sie das auch nicht, denn die GmbH ist ohne Geldmittel, und in die persönlichen Taschen der Gesellschafter könne man nach geltendem Recht nicht greifen, bestätigte Borschel.