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Insolvenzen in Sachsen-Anhalt Höchststand bei Firmenpleiten im April: Mehr als 2000 Beschäftigte betroffen

In Sachsen-Anhalt gab es seit Jahresanfang mehr als 100 Firmeninsolvenzen. Es trifft auch viele namhafte Unternehmen. Ein großer Klinikbetreiber plant jetzt jedoch den Neustart.

Von Steffen Höhne und Julius Lukas Aktualisiert: 08.05.2025, 19:40
Die Kliniken der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg müssen saniert werden. Ein neuer Investor ist aber offenbar gefunden.
Die Kliniken der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg müssen saniert werden. Ein neuer Investor ist aber offenbar gefunden. Foto: Jens Wolf/dpa-Zentralbild/dpa

Halle/MZ. - Hohe Energiepreise, viel Bürokratie und ein zunehmender Wettbewerb mit China bringen immer mehr Firmen in Sachsen-Anhalt und bundesweit in eine wirtschaftliche Schieflage. Laut einer Erhebung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) erreichten die Firmeninsolvenzen im April den höchsten Stand seit 20 Jahren. Die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland lag laut IWH-Insolvenztrend im April bei 1.626, das sind 21 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.

41 Insolvenzen im April

Nach Angaben von IWH-Insolvenzforscher Steffen Müller gingen in Sachsen-Anhalt im April 41 Firmen insolvent. „Dieser Wert liegt erheblich über den bisherigen Höchstwerten“, so Müller. Im Vorjahresmonat seien es 34 gewesen. Die Zahl der Insolvenzen sei jedoch nur begrenzt aussagekräftig, denn diese können sehr unterschiedlich groß sein. „Bedeutsamer ist daher, dass auch die Zahl der betroffenen Jobs mit über 2.000 im April ein einsamer Rekordwert für Sachsen-Anhalt ist“, so Müller. Der bisherige Höchstwert der letzten fünf Jahre habe bei 850 Jobs in einem Monat gelegen.

In der Statistik werden lediglich die Insolvenzeröffnungen gewertet, die in der Regel drei Monate nach den Anmeldungen stattfinden. Die hohe Zahl an betroffenen Beschäftigten geht auf die Insolvenz der Kliniken der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg zurück.

Bis Ende April gab es in Sachsen-Anhalt bereits 104 Firmeninsolvenzen.
Bis Ende April gab es in Sachsen-Anhalt bereits 104 Firmeninsolvenzen.
Kroschel

Die Insolvenzanmeldungen im April von namhaften Unternehmen wie dem Autozulieferer Bohai Trimet aus Harzgerode (Harz) mit 570 Mitarbeitern und des Fotodienstleisters Orwo Net mit 270 Mitarbeitern aus Bitterfeld-Wolfen sind in den Daten noch nicht erfasst. Hendrik Senkbeil, Geschäftsführer Standortpolitik bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau, sieht die Entwicklung mit großer Sorge: Es treffe auch Traditionsunternehmen aus der Industrie. „Da hängen meist sehr viele Mitarbeiter dran“, sagte Senkbeil.

Insgesamt leiden die Unternehmen unter der schwachen Wirtschaftsentwicklung. Aufgrund gestiegener Preise halten sich die Kunden mit größeren Neuanschaffungen zurück. Das spüren beispielsweise die Automobil-Hersteller. Laut dem halleschen Sanierungsexperten Lucas Flöther gibt es jedoch auch Finanzierungsprobleme. „Es gibt kein billiges Geld mehr. Für viele Firmen gibt es jedoch nicht einmal mehr teures Geld, weil die Banken zunehmend Zurückhaltung üben“, sagt Flöther im MZ-Interview. Das treffe Branchen wie Automobilzulieferer, Handel, Bau oder Gesundheitswesen teilweise hart. Nach seiner Einschätzung kann die Insolvenz aber auch zur Sanierung genutzt werden, um sich „beispielsweise von Aufträgen zu trennen, die nur zu Verlusten führen“.

Investoren halten sich zurück

Die insolventen Pfeifferschen Stiftungen, bei denen Flöther sogenannter Sachwalter ist, wollen zeitnah über den Verkauf von Kliniken entscheiden. Man erwarte den formellen Abschluss des Bieterverfahrens im Mai, teilten die Pfeifferschen Stiftungen mit. Zuletzt waren noch drei Bieter im Rennen.

Für die insolventen Firmen wird es jedoch zunehmend schwieriger, einen Investor zu finden. „Generell sehen wir, dass etwa Finanzinvestoren weniger bereit sind, Risiken einzugehen“, so Flöther. Das liege auch an der unsicheren politischen Lage, etwa durch Trumps Zollpolitik. „Keiner weiß so richtig, wie die Wirtschaftswelt in zwei Jahren aussieht“, sagte der Insolvenzverwalter.