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Wetter-Geschichte Wetter-Geschichte: Das waren die schlimmsten Winter in Deutschland

Von Katrin Löwe 01.02.2012, 21:35
Kohlelieferung Anfang 1987 in Heideloh (Anhalt-Bitterfeld).
Kohlelieferung Anfang 1987 in Heideloh (Anhalt-Bitterfeld). Archiv

Halle (Saale) - Werte im zweistelligen Minusbereich, die Nase friert ab, die Autobatterie streikt. Und Sachsen-Anhalt schimpft: So ein Sch...-Wetter! Wer braucht denn jetzt, wo wir längst auf Frühling eingestellt sind, noch einen Winter?

Okay, es ist Anfang Februar. Da soll es auch in früheren Jahren schon mal Winter gegeben haben. Aber trotzdem. Es ist viel zu frostig, um das, was Kälte-Hoch "Cooper" da anstellt, wirklich zu wollen. Da gibt es eigentlich nur eins, was uns trösten kann: Wir haben wahrlich schon schlimmere Winter überstanden.

Denken wir einfach ein, zwei Jahre zurück. Wie war das noch Weihnachten 2010? Die Bahn versinkt im Schnee-Chaos und wer seine Reisepläne nicht vorsorglich ad acta gelegt hat, der bereut es spätestens am ersten Feiertag: Zumindest, wenn er im ICE von Oldenburg nach Dresden sitzt. Der bleibt bei Niemberg (Saalekreis) in einer Schneewehe stecken. Fünf Stunden dauert es, ehe die Reise weitergeht. In der Altmark müssen sich die Menschen derweil mit Stulle im Bett statt mit einem Festmahl begnügen: Beim mehrtägigen Stromausfall wird es ungemütlich.

Und überhaupt: Wie hat uns der viele Schnee in jenem Winter genervt! Schon seit Anfang Dezember, Flocken über Flocken, Eisregen, Glätte und das ewige Durchdrehen der Reifen beim verzweifelten Jonglieren aus der Parklücke. Von den 80 Lkw, die im Kreis Mansfeld-Südharz eine Nacht lang an einer Steigung feststeckten, oder den in ihrer Querfurter Schule festsitzenden Elf- und Zwölfjährigen gar nicht zu reden. Dabei hatte es doch erst im Winter zuvor gut Schnee und Frost gegeben - mit arktischen Nachttemperaturen um die minus 20 Grad Ende Januar.

Winter 1986/87: Bibbern ohne Heizung

An einen anderen Winter können sich vor allem viele Hallenser gut erinnern: Im Januar 1987, genauer gesagt am 13. und 14., gab es es mit minus 20,2 und minus 24,2 Grad nicht nur sibirische Kälte. Zeitgleich fielen dummerweise auch noch die Fernheizungen in den Neubaublöcken aus. Die Freiheit titelte damals vom "selbstlosen Kampf der Werktätigen bei der ungewöhnlichen Kälte", während in 14.000 Wohnungen die Menschen bibberten. "Natürlich waren wir erstmal sauer", sagte damals einer der Schlosser, die den Schaden bei minus 23 Grad beheben mussten. Das Leck an einer Heißwassertrasse zu stopfen, stellte sich zu allem Übel noch als schwieriger heraus als zunächst gedacht.

Auch in Dessau wurde es frisch, als sich wenig später eine Fernwärmeleitung dem Frost ergab: Vorsorglich wurden die Temperaturen für tausende Wohnungen um acht beziehungsweise fünf Grad gesenkt. Und die Bahn kapitulierte gleich ganz: Auf Hauptstrecken wie Leipzig-Dessau und Halle-Leipzig wurde ab dem 16. Januar der Betrieb für 24 Stunden eingestellt.

Der Katastrophenwinter 1978/79

Kein Vergleich freilich zum Katastrophenwinter 1978/79, als zum Jahreswechsel binnen weniger Stunden die Temperatur von plus zehn auf minus 20 Grad fiel. Die Energieversorgung drohte komplett zu kollabieren, im Bergbau begann die Materialschlacht gegen Eis und Schnee. "Dieser Winter damals, der hat uns kalt erwischt", erinnerte sich ein Bergmann aus dem Braunkohlewerk Röblingen (Mansfeld-Südharz) später. Abraum hart wie Beton, in Waggons fror die Kohle sofort wieder fest. Tausende Studenten, Landwirte und Soldaten mussten helfen, mit Düsentriebwerken wurden Gleise und Waggons aufgetaut.

"Es war ein Wettlauf mit der Zeit", so der Bergmann - und mit der Parteiführung im Nacken, nachdem im Regierungsviertel das Licht ausgegangen war. Im Raum Halle fuhr nicht einmal die Hälfte der Busse, Geschäfte blieben zu, ohne Strom. Noch schlimmer hatte es den Norden getroffen: Auf Rügen, nach einem 78-stündigen Blizzard von der Außenwelt abgeschnitten, spielten sich dramatische Szenen ab. In der DDR starben mindestens fünf Menschen, im Westen 17.

Winter 1946/47: Hunger und Kälte

Er geht als "Hungerwinter" in die Geschichte ein: der Winter 1946/47. Nachkriegs-Deutschland leidet unter einer Ernährungskrise und eisiger Kälte von unter 20 Grad minus. In Köln entsteht der Begriff "fringsen", nachdem Erzbischof Josef Kardinal Frings in der Not den Diebstahl von Kohle der Alliierten rechtfertigte. In Halle sitzen Landtagsabgeordnete mit Mänteln im ungeheizten Stadtschützenhaus und beraten die erste Verfassung Sachsen-Anhalts - eines Landes, in dem gerade eine Million Flüchtlinge ein Domizil suchen und akuter Kohlemangel herrscht.

Auch im Jahr darauf schlägt in Halle der Winter zu - dennoch bleibt er zwei Schaffnern in schöner Erinnerung: weil Fahrgäste die im Schnee versackte Straßenbahn den Berg hochschoben statt sich schimpfend zu trollen.