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Welterfolg im Silicon Valley Welterfolg im Silicon Valley: Hallenser hatte die 40-Millionen-Idee

Von Steffen Könau 27.08.2015, 04:46
Stefan Groschupf ist Gründer und Chef von Datameer, einer ursprünglich halleschen Firma, die im Silicon Valley für Furore sorgt.
Stefan Groschupf ist Gründer und Chef von Datameer, einer ursprünglich halleschen Firma, die im Silicon Valley für Furore sorgt. Clifford Grodin/Datameer Lizenz

Halle (Saale)/San Francisco - Natürlich könne man eine Möglichkeit finden, der kleinen Firma mit einem Kredit weiterzuhelfen! Der Berater eines großen regionalen Geldinstitutes in Halle schaute verständnisvoll auf den jungen Mann mit der eckigen Brille, der ihm gerade etwas von den gigantischen Möglichkeiten der Big-Data-Analyse und den fabelhaften Chancen einer von ihm selbst entwickelten Software für genau diesen Zweck erzählt hatte. „Sie könnten uns zum Beispiel“, sagte der Banker dann, „das Haus ihrer Eltern als Sicherheit überlassen.“

Von Halle nach San Francisco

Stefan Groschupf schüttelt heute noch den Kopf, wenn er an diese eine Szene denkt, die ihn dorthin geführt hat, wo er heute ist. In San Francisco, Kalifornien, wo der 37-jährige Hallenser als Chief Executive Officer und Chairman von Datameer, der ehemals so kleinen Firma aus Halle, gerade erst wieder 40 Millionen Dollar von großen Investmentfonds aus Singapore und den USA eingesammelt hat.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Top-Adressen der Hightech-Industrie Geld lockermachen, um Groschupfs Idee vom grenzenlosen Durchforsten unendlicher Datenmengen zu finanzieren. Mit Kleiner-Perkins, einem auf Hightech-Firmen spezialisierten Investmentexperten aus Menlo Park im Silicon Valley, hatte sich zuvor schon ein Unternehmen Anteile an Datameer gesichert, das vor Jahren zu den ersten gehörte, die in die heutigen Web-Riesen Google, Amazon und Facebook investierten. „Daten sind ein Aktivposten - und Big Data wird immer mehr zum Eckpfeiler von Unternehmensstrategien“, erklärt Nikhil Eapen, Vizepräsident beim neuen Investor STT.

Graffiti-Künstler wird zum Programmierer

Für Stefan Groschupf, Anfang des Jahrtausends vom Magazin „Stern“ zu einem der „100 wichtigsten jungen Deutschen“ gewählt, eine Art Ritterschlag. Der ehemalige Graffiti-Künstler, der in die Hightech-Branche rutschte , als ihn die Uni-Bibliothek in Halle bat, ihr einen Suchkatalog zu erstellen, hatte schon mit 19 beschlossen, auf das Jura-Studium zu verzichten und stattdessen einen Google-Konkurrenten zu programmieren. Tagsüber ist er damit beschäftigt, nachts liest er Fachzeitschriften.

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Statt zur Uni geht er zum Existenzgründerlehrgang. Und statt der neuen Suchmaschine entwickelt er schließlich eine neue Suchsoftware namens DAS, zu deutsch schlicht Datameer Analyse-Lösung. „Die Software ist in der Lage, große Datenmengen auf jede nur vorstellbare Weise zu analysieren“, erklärt Groschupf. DAS enttarnt Auffälligkeiten in Geldströmen, die auf Betrug hinweisen können. Sie bemerkt regionale Häufungen von Erkrankungen. Oder hilft, dem Kräfteverhältnis von Gangster-Gangs in Detroit auf die Schliche zu kommen. „Mit all diesen Fällen waren wir schon beschäftigt.“ Drei der fünf führenden Kreditkartenunternehmen, zwei der fünf größten Telekomfirmen und drei der fünf größten Banken weltweit setzen die Software aus Halle ein. „Darunter sind Weltunternehmen wie Telefonica, die Citi-Bank oder American Express, aber auch deutsche Riesen wie der Telekommunikationsanbieter Telefonica (O2, E-Plus) und die Otto-Gruppe“, beschreibt Groschupf, der überzeugt davon ist, dass die größten Probleme der Welt nicht ohne die Hilfe von Datenanalyseprogrammen zu bewältigen sind.

Umsatz jedes Jahr verdoppelt

Das Besondere an der Erfindung aus Sachsen-Anhalt: Um sie zu benutzen, benötigt man genau so wenig Fachkenntnisse wie es braucht, um mit Google im Internet zu suchen. „Zuletzt hat sich die US-Frauen-Radmannschaft mit Hilfe von Datameer auf die Olympischen Spiele vorbereitet.“ Der Erfolg gibt Groschupf und seinen Investoren recht: „In den vergangenen Jahren haben wir den Umsatz in jedem Jahr mehr als verdoppelt.“

Zeit und Raum für Kreativität

Die Firma hinter der Idee von der „Demokratisierung der Datenanalyse“, wie Groschupf es nennt, ist dabei inzwischen zu einem Unternehmen mit amerikanischer DNA geworden. Zum Gehalt gibt es hier Aktienoptionen und zur Entspannung Programmierwettbewerbe. 20 Prozent ihrer Zeit dürfen die Mitarbeiter im Rahmen des Projekts „GeekOut“ dazu benutzen, an eigenen Ideen herumzuprogrammieren. „Bei Bier und Pizza werden die Ideen geteilt und die besten finden dann den Weg in unser Produkt.“ „GeekInn“ dagegen, das nicht von ungefähr mit dem englischen Begriff für Gasthof spielt, gibt Datameer-Mitarbeitern aus aller Welt Gelegenheit, für ein paar Wochen oder Monate in einer Niederlassung zu arbeiten, die nicht die eigene ist. „Wir haben ein Apartment in New York“, erzählt Stefan Groschupf, „und wer will, kann für eine Zeit dorthin gehen.“

Reger Austausch mit Hochschulen

Die „kleine Firma aus Halle“ hat heute 60 Mitarbeiter in Kalifornien und 40 in New York, etliche in Berlin und verstreut rings um den Erdball noch einige mehr - aber die größte Filiale steht weiterhin in Halle, Groschupfs Heimatstadt. 70 Software-Spezialisten sitzen hier, und das nicht etwa nur, weil Stefan Groschupf so ein großer Lokalpatriot ist. „Nein, Halle ist absolut konkurrenzfähig“, lobt der Firmengründer, der heute mehr Manager als Software-Tüftler ist. Hier habe Datameer von Anfang an junge, talentierte Mitarbeiter gefunden, mit Uni und Hochschulen von Leipzig über Merseburg bis nach Halle gibt es bis heute einen regen Austausch. „Deshalb wollen wir jetzt auch massiv in Halle investieren“, kündigt Groschupf an.

Flossen bislang drei bis vier Millionen im Jahr an die Saale, soll sich dieser Betrag in nächster Zeit verdoppeln. Der erfolgreichste Sachsen-Anhalter im Silicon Valley schafft neue Jobs in seiner Heimatstadt. „Wir bringen hier in Halle regionales und internationales Talent zusammen und bauen eine Software“, sagt Stefan Groschupf, „für die Kunden in aller Welt Millionen bezahlen“. Der Hallenser klingt ein bisschen stolz dabei. (mz)