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Waggonbau Ammendorf Waggonbau Ammendorf: Große Hoffnungen und ein Abbau in Raten

17.03.2004, 21:21

Halle/MZ/jds. - Die Schwierigkeiten der Waggonbauer in Ammendorf begannen vor über zehn Jahren. Das Werk in Halle geriet in den Sog des Zerfalls der Sowjetunion. Russland und die anderen Nachfolgestaaten waren nicht mehr die sicheren Kunden, auf deren Großaufträge die Ammendorfer Waggonbauer gesetzt hatten.

Gegründet in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, blühte die Waggonproduktion in Halle im vorigen Jahrhundert auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Produktion von Weitstrecken-Personenwagen für die Sowjetunion, mit bis zu 4900 Beschäftigten.

In den 80er Jahren war der Waggonbau Ammendorf Investitionsschwerpunkt in der DDR. Das Werk III in Ammendorf war zur Zeit der Wende im Bau. Es ging 1992 als das modernste und größte Waggonbauwerk Europas in Betrieb. Produziert werden sollten dort jährlich weit mehr als 1000 Schnellzugwagen für die Sowjetunion. Die Hoffnung auf den russischen Markt war trügerisch. Schon 1994 lief das Geschäft über Hermes-Bürgschaften der Bundesrepublik. Die Russen gerieten mit der Zahlung in Verzug. Als die Bundesregierung weitere Exportgarantien nur zusagen wollte, wenn sich die Zahlungsmoral im Osten bessern sollte, wurde die Stimmung unter den damals noch 2700 Beschäftigten in Ammendorf explosiv.

Spätestens damit begann die Zeit des Zitterns um die Arbeitsplätze. Sorge und Wut paarten sich, die Zahl der Beschäftigten sank von Jahr zu Jahr. Mitte der 90er Jahre setzte das Werk auf den deutschen Markt. Im Oktober 1995 verließ die erste S-Bahn für Berlin das Werk, später folgten unter anderem ICE-Züge und Fahrzeuge für den Nahverkehr. Dennoch: Die Phasen der Sicherheit wurden immer kürzer, immer häufiger war von Personalabbau und Schließung die Rede. Dramatisch war es zuletzt vor gut zwei Jahren. Damals sicherte nach einer Intervention von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) der Weltkonzern Bombardier, seit 1998 Eigner des Ammendorfer Werkes, den Erhalt des Standortes als Service-Standort zu.