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Vom Bollwerk zum Begegnungsort Vom Bollwerk zum Begegnungsort: Gedenkstätte Marienborn erinnert an Grenzregime

Von Stefan Kruse 14.04.2003, 05:43
Blick auf ein altes Panzerfahrzeug und anderen Schrott aus DDR-Zeiten, der auf dem Gelände der 1996 gegründeten Gedenkstätte Deutsche Teilung an der A2 zwischen Helmstedt und Marienborn liegt. (Foto: MZ)
Blick auf ein altes Panzerfahrzeug und anderen Schrott aus DDR-Zeiten, der auf dem Gelände der 1996 gegründeten Gedenkstätte Deutsche Teilung an der A2 zwischen Helmstedt und Marienborn liegt. (Foto: MZ) dpa

Marienborn/dpa. - Wachturm, Schranken, Stacheldraht: Mehr als 13 Jahre nach der Maueröffnung ist das DDR-Grenzregime an der Autobahn 2 Berlin-Hannover allgegenwärtig. Während anderswo in Deutschland kaum noch Zeugnisse der jahrzehntelangen Trennung zu sehen sind, ist der einst gefürchtete Grenzübergang Marienborn- Helmstedt gut erhalten. Teile der seinerzeit größten Übergangsstelle zwischen beiden deutschen Staaten werden sogar originalgetreu wieder aufgebaut: In Kürze soll die Sanierung abgeschlossen und der Urzustand von 1989 wiederhergestellt sein.

«Wir wollen keine Wachposten aufstellen und eine Art Disneyland betreiben», sagt Joachim Scherrieble, Leiter der 1996 gegründeten Gedenkstätte Deutsche Teilung, die sich heute auf dem Areal befindet. «Wir wollen vielmehr Geschichte erlebbar machen.» Marienborn, früher ein Symbol der Teilung Europas, habe sich vom Bollwerk zu einem Ort des Gedenkens, des politischen Lernens, der Begegnung gewandelt. 165 000 Besucher hätten sich im vergangenen Jahr vor Ort informiert.

Bereits im Sommer 1945 richteten die alliierten Siegermächte den Grenzkontrollpunkt Marienborn-Helmstedt ein. Die DDR baute ihn vor allem Anfang der siebziger Jahre für rund 70 Millionen Ost-Mark zu einer Festung an der Transitstrecke zwischen der Bundesrepublik und dem Westteil Berlins aus. Zuletzt versahen auf dem 35 Hektar großen Gelände 1000 DDR-Grenzbeamte, Zöllner, Stasimitarbeiter und Zivilangestellte ihren Dienst.

Westdeutsche wie der Helmstedter Rolf Owczarski erinnern sich an lange Wartezeiten und häufige Schikanen bei den Grenzkontrollen. «Es war absolut bedrückend. Noch heute läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich auf der Autobahn vorbeifahre», sagt er. Die meisten Ostdeutschen bekamen den Übergang erst nach Maueröffnung zu sehen. Vorher war es ihnen nicht gestattet, im Sperrgebiet so nah an die «Westgrenze» heranzukommen, geschweige denn sie zu überschreiten.

Kernstück der Gedenkstätte ist das Stabsgebäude, in dem früher die Kommandeure der DDR-Grenztruppen und die zur Stasi gehörenden «Passkontrolleinheit» saßen. Heute ist es ein Dokumentationszentrum. «In der Dauerausstellung geht es um Ursachen für die deutsche Teilung, um die Ausbildung der DDR-Grenzsoldaten, Fluchtversuche, den systematischen Ausbau und schließlich Abbau von Mauer und Stacheldraht», sagt Museumspädagoge Frank Stucke.

Blickfang daneben ist ein grauer, überdachter Terminal mit Kontrollhäuschen, in denen Stasi-Mitarbeiter penibel jeden Pass der Reisenden fotografierten und registrierten. «Die Abfertigungsgebäude wurden größer als nötig gebaut, um die Reisenden einzuschüchtern», sagt Stucke. «Die Stasi nannte das operative Psychologie».

Erhalten ist auch eine so genannte Kontrollbox, in der der DDR- Zoll westdeutsche Fahrzeuge bei der Ausreise nach verbotenen Waren oder versteckten DDR-Flüchtlingen durchsuchte. Särge wurden geöffnet. Vom «Führungsturm» aus hatten die Verantwortlichen des Bollwerks einen Überblick über das Areal. Bei Alarm lösten sie «Fiffi» aus, einen Betonrammbock, der etwa bei Fluchtversuchen auf die Fahrbahn Richtung Westen schnellte, um diese zu blockieren.

Das Land Sachsen-Anhalt ist Träger der Gedenkstätte und wendet allein für den laufenden Betrieb jährlich eine halbe Million Euro auf. «Es ist wichtig, den monströsen Kontrollapparat nachfolgenden Generationen anschaulich zu machen», sagt Innenminister Klaus Jeziorsky (CDU).