Verdacht auf Kindesmissbrauch Verdacht auf Kindesmissbrauch: Horrortrip zum Schwarzmeerstrand
Berlin/Gernrode/MZ. - Der 31-jährige Vorsitzende eines in Gernrode (Landkreis Quedlinburg) ansässigen Kindervereins steht unter dem dringenden Verdacht, Ferienreisen auf den Balkan über Jahre zu sexuellen Übergriffen auf bulgarische Kinder genutzt zu haben. Der Mann war deshalb bereits im Oktober 2001 in Bulgarien zu einer mehrjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Als ihm die Polizisten den Hausdurchsuchungsbefehl vor die Nase halten, weiß Dirk H. sofort, welchem Umstand er den frühen Besuch in seiner Berliner Hauptwohnung verdankt. Es ist schließlich nicht das erste Mal, dass man gegen den Vorsitzenden eines Harzer Kindervereins wegen des Verdachts auf Kindesmissbrauch ermittelt. Bereits vor zwei Jahren waren Grenzbeamte auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld im Gepäck des Mannes auf zwei Kinderpässe und eine Tube Gleitmittel gestoßen. Indizien für mögliche Straftaten im Ausland, aber eben keine Beweise.
Eingedenk der Tatsache, dass man ihn damals hatte laufen lassen müssen, gibt sich H. an diesem Dezembermorgen selbstbewusst. "Alles Unsinn", sagt der Mann aus Gernrode, während die Leute des halleschen Staatsanwalts Peter Vogt Unterlagen und Disketten aus dem Haus tragen. Was der hauptberufliche Musik-Manager noch nicht weiß: Vogt, Chef der Zentralstelle zur Bekämpfung der Kinderpornografie, war seit dem letzten Fehlschlag nicht untätig. Dem Staatsanwalt liegen mittlerweile Zeugenaussagen bulgarischer Kinder vor, die den dringenden Verdacht nahe legen, dass Dirk H. in der längst international agierenden Pädophilen-Szene eine ganz große Nummer sein könnte.
In der Sextouristen-Kartei des Bundeskriminalamtes (BKA) ist der heute 31-Jährige spätestens seit 2001 gelistet. Damals hatten die bulgarischen Behörden über Interpol nach Dirk H. fahnden lassen. Mit Erfolg. Im Oktober desselben Jahres wurde der Gernrodener im Schwarzmeerort Burgas wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zu einer vierjährigen Bewährungsstrafe verurteilt.
Allein die mangelhafte Kommunikation zwischen den bulgarischen und den deutschen Behörden verhinderte, dass man dem Mann auch in der Heimat schon den Prozess machen konnte. Die schockierenden Zeugenaussagen der teils erst acht- bis zehnjährigen Opfer wurden Staatsanwalt Vogt erst jetzt durch Recherchen eines bayerischen Fernsehteams vor Ort bekannt. Ebenso wie die Tatsache, dass der auf dem Balkan vorbestrafte Deutsche Vorsitzender eines im Harz ansässigen Kindervereins ist, der zuletzt Ferienreisen und Freizeitangebote für Mädchen und Jungen organisierte.
Es dauerte nicht lange, bis Vogt die neuen Details in das Netz bereits bekannter Informationen einordnen konnte: Dass nämlich der Harzer Kinderverein bis vor kurzem ebenso unter dem Dach des Landesverbandes Regionale Kinderinitiativen Sachsen-Anhalt (Rekids) firmierte wie ein zweiter, aus dessen Reihen erst vor einem Jahr ein Betreuer als Kinderschänder verhaftet worden war. Ein dritter Pädokrimineller, ebenfalls Ferienbetreuer, war in einer weiteren derartigen Organisation enttarnt worden.
Tatsächlich ist der öffentlich bezuschusste Verein von Dirk H. seit 1994 mit fast tausend deutschen Kindern in Bulgarien gewesen. Was der Vorsitzende trieb, während die deutschen Schüler am Schwarzen Meer die Ferien genossen, offenbaren die Zeugenvernehmungen ihrer bulgarischen Altersgenossen: brutale Sexualpraktiken, Foto- und Videoaufnahmen sowie Besuche in Deutschland bei fremden Männern mit ähnlich masochistischen Neigungen wie "Alex". Unter diesem Namen gilt Dirk H. bei Strichern und Straßenkindern in Varna und Burgas als lebendiges Schreckgespenst.
Einen Tag nach der Durchsuchung seiner Wohnung ist "Alex" erstmal in den Weihnachtsurlaub geflogen - nach Indonesien.