Urteil Urteil: Freispruch im Prozess wegen versuchten Mordes
Halle/dpa. - Auch Staatsanwaltschaft und Verteidigung sahen in ihren Plädoyersübereinstimmend die ursprüngliche Anklage wegen versuchten Mordes alsentkräftet an. Die Staatsanwaltschaft hatte die Frau angeklagt, ihredamals 13-jährige Tochter am 17. August 2000 in heimtückischerAbsicht im Schlaf mit Benzin übergossen zu haben, um sie dann zuverbrennen. Das Mädchen wurde aber wach und konnte sich unverletztretten. Lediglich das Bett hatte Feuer gefangen.
In zahlreichen Telefonaten in den Tagen vor der Tat hatte die Frauangekündigt, sich umzubringen und dabei ihre Tochter mitnehmen zuwollen. Laut Gericht hatte die Frau zwar die Möglichkeit diese Tatauszuführen, habe es aber nicht ernsthaft getan. Sie wollte lediglichein Zeichen setzen. Die Frau sollte unbedingt ihre nach der Tatbegonnene Therapie in einer psychiatrischen Tagesklinik fortsetzenund nicht auf die Idee kommen abzubrechen, sagte die Richterin. DieFrau ist mittlerweile von einem neuen Partner schwanger.
Im Prozess hatte ein Gutachter die Tat als «unsinnige Handlung» inFolge eines mittelschweren Alkoholrausches erklärt. Die Angeklagtehätte die Tat im normalen Zustand nicht begangen und wollte ihreTochter auch nicht töten, sagte Psychiater Andreas Marneros. Siehatte zur Tatzeit rund drei Promille Blutalkohol.
Der Psychiater schätzte die Möglichkeit einer Wiederholungstat beiweiterer Behandlung als gering ein. Die Frau habe zwarAlkoholprobleme gehabt, aber sie sei nicht abhängig. Laut Marnerossei die Frau von Kindheit an gekränkt und gedemütigt worden, zudemwurde sie zwei Mal vergewaltigt und war bereits mehrmals inpsychiatrischer Behandlung.
Die Frau hatte bereits zu Prozessbeginn gesagt, dass sie ihremKind nie etwas Böses antun wollte. Zudem blieb sie im Verlauf derzweitägigen Verhandlung dabei, sich an die Tat nicht mehr erinnern zukönnen. Sie räumte aber ein, durch die Trennung von ihrem Mann, dereigenen Arbeitslosigkeit und wegen Geldnot öfters Alkohol getrunkenzu haben. Zudem habe sie auch öfters Selbstmordabsichten geäußert. Andiesem Tag sei ihre Tochter zu Besuch bei ihr gewesen und sie habeeine Flasche Wein getrunken.
Nach Angaben von Marneros sei es aus medizinischer Sicht möglich,dass sich die Angeklagte jetzt nicht mehr an die Tat zu erinnert,weil das Gedächtnis durch den Rausch die Abläufe nicht imLangzeitgedächtnis speichern konnte.
Das Gericht hatte bezweifelte, dass sich die Angeklagte überhauptnicht mehr an ihre Tat erinnern kann, weil sie bei der polizeilichenVernehmung den Ablauf gut detailliert hatte.