Unter Tage Unter Tage: Auch Braunkohle
Halle (Saale)/MZ/ASC. - Bei Kohleabbau in Sachsen-Anhalt denken viele zunächst nicht an Steinkohle, wie in Halle, sondern an die riesigen Braunkohletagebaue. Doch auch Braunkohle ist anfangs lange unter Tage gefördert worden. Etwa im Raum Nachterstedt / Frose im Salzlandkreis. Das Gebiet in der Nähe der beiden Orte ist durchlöchert mit alten Stollen. Schon seit Jahrzehnten sackt dort immer wieder der Boden ab. So wurden allein im Bereich der ehemaligen Grube "Ludwig" bei Frose zwischen 1940 und 2009 genau 54 solcher Tagesbrüche registriert.
Betroffen ist auch die Bahnstrecke Halle-Halberstadt, die dort verläuft. Sie ist seit Anfang August und noch bis Anfang Dezember voll gesperrt und wird auf zwei Kilometern Länge komplett neu gebaut, nachdem die Züge schon seit Anfang 2010 aus Sicherheitsgründen nur noch mit Tempo 50 fahren durften. Nach Angaben der Deutschen Bahn AG ist unklar, wie viele Stollen unter der Strecke mit welchem Material verfüllt und welche möglicherweise durch aufsteigendes Grundwasser freigespült worden sind. Der Untergrund soll nun mit sogenannten Bodenpolstern aus Spezialkunststoff und Spezialsplitt stabilisiert werden.
Ganz in der Nähe der Bahnlinie kam vor drei Jahren die Böschung des Tagebaurestloches Concordiasee in Nachterstedt ins Rutschen und riss drei Menschen mit in den Tod. Eine komplette Wohnsiedlung musste geräumt werden. Auch dieses Unglück hat offenbar mit den Hinterlassenschaften des Altbergbaus zu tun. Nach bisherigen Erkenntnissen verdichten sich die Hinweise, dass erhöhte Grundwasserstände zu dem Erdrutsch geführt haben. Die Gutachter sprechen von "rinnenähnlichen Strukturen" im Boden und wasserführenden Stollen. Nach MZ-Informationen soll ein Sachverständiger des Bergbausanierers LMBV vor der Katastrophe dringend geraten haben, die Wasserstände in der später abgerutschten Halde abzusenken. Doch dazu kam es nicht mehr.