Templer-Orden Templer-Orden: Der Ritterschlag in Wettin

WETTIN/MZ. - Klaus-Peter Meyer sinkt auf die Knie - mit einem Lächeln im Gesicht. Vorsicht, der Stein in der Wettiner Kapelle "Unserer lieben Frauen" (Saalekreis) ist schrecklich grob. Doch der 62-Jährige scheint keinen Schmerz zu fühlen. Dann senkt sich sein Blick, gehorsam.
Ringsum flackern Kerzen. Ihr schwaches Licht fällt auf ein Banner mit rotem Kreuz, das Zeichen der Tempelritter. Die Glocke läutet. Ein Mann im weißen Mantel tritt heran. Er legt sein Schwert auf Meyers Haupt - ganz langsam, mit der flachen Seite. "Das ist das Ende deines profanen Lebens", so sein Spruch. Fortan gehört der Anwärter zum Orden - für immer.
Weißer Mantel, rotes Kreuz
Eindringliche Gebete und leidenschaftliche, fromme Gesänge folgen. Es ist ein ausgewählter Kreis: 16 Männer und Frauen im Ordenskleid sowie acht Gäste stimmen ein. Das Gegenteil von Hokuspokus: "Ein erhebender Moment." Meyer ringt um Worte. Ihn bewegt die Zeremonie. Dabei neigt der Jurist aus Magdeburg sonst nicht dazu, seine Gefühle offen zu zeigen. Dieser Grundsatz gilt aber an diesem Abend nicht. Ihm erfüllt sich ein lang gehegter Traum: Meyer ist jetzt Mitglied in einer Vereinigung, die sich als Erbin des ältesten deutschen Ritterordens versteht - der sagenumwobenen Templer. Als vornehmstes Ziel versteht sie "die aktive Verteidigung des christlichen Glaubens". Symbolträchtig sind schon die Ordensfarben: Weiß steht für einen Krieg ohne Falschheit, Rot für Opferbereitschaft im Kampf gegen das Böse.
Warum sich Meyer ausgerechnet dieser wahrlich fundamentalen Aufgabe widmen will, erklärt sich nach seinen Worten "aus der persönlichen Vorgeschichte". Recht und Gesetz - auf diese Begriffe kommt der gebürtige Oldenburger dabei immer wieder zurück. Diese Kategorien bestimmten auch seine Arbeit als Referatsleiter im Sozialministerium. Dort kontrolliert der hohe Beamte, ob ausgereichte Fördermittel tatsächlich ihrem Zweck entsprechend eingesetzt werden. Dass beispielsweise im Landessportbund wieder geordnete finanzielle Verhältnisse bestehen, sei auch ihm zu verdanken.
Alles in allem handle es sich bei seiner Arbeit um einen überaus spannenden Job. "Aber", merkt der Ministerialrat an, "man ist eben nicht beliebt in dieser Position". Kein Wunder, bekennt der Beamte und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Und doch: "Wenn etwas nicht seine Ordnung hat, kenne ich kein Pardon." Millionen Euro würden so jährlich wieder in die Landeskasse zurückgeholt. Das habe etwas mit Gerechtigkeit zu tun, so wie sie auch der Templer-Orden verstehe.
"Wer Besseres begehrt, soll Einfacheres erhalten." Das ist eine der Regeln, die auf eine Synode im Jahr 1129 zurückgehen. Niedergeschrieben in 72 Artikeln, geben sie Einblick in ein Weltbild. Es kann offenbar auch noch fast 900 Jahre später faszinieren. Nur manches scheint in Vergessenheit geraten zu sein. Wer achtet heutzutage die ehemals gute Sitte, nach jeder Mahlzeit ein Dankgebet zu sprechen? Seltsam mutet auch an, dass Haare und Bart als überflüssig angesehen werden. Doch das sehen selbst die Templer hier und heute nicht so streng.
Anders ist das mit solchen Tugenden: "Keiner soll den anderen zum Zorn reizen." Als unerlaubt gilt seit jeher, über die Fehler anderer zu schwatzen. Stattdessen legt der Kanon großen Wert darauf, dass die Ritter und die anderen Brüder das gleiche Essen bekommen. Und der zehnte Teil jedes Brotes soll als Almosen für Bedürftige dienen. Derzeitig bedeutet das beispielsweise die Unterstützung von Einrichtungen der Jugendpflege und der Hospiz-Bewegung, aber auch Zuschüsse für Denkmale wie die Templer-Kapelle in Wettin.
Erfahrung als Generalstäbler
Für Meyer, den Praktiker, ist das nicht nur eine Frage des rechten Glaubens. "Wer helfen will", sagt er, "braucht auch eine zielgenaue Logistik". Und da ist der Oberst im Luftwaffen-Generalstab der Reserve als Nachschub-Experte der Mann für alle Fälle. Sechs Jahre am Stück beim Bund und dann 44 Wehrübungen mit mehr als 900 Einsatztagen - das prägt, mehr als seine Promotion in Bremen. Denn der Doktorgrad ist zwar auf der Visitenkarte vermerkt. Doch das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold trägt Meyer - mit Stolz, wie er sagt - am Revers seines schwarzen Templer-Anzuges.
Ins Schwärmen gerät der Reserveoffizier vor allem, wenn die Rede auf Einsätze in den USA kommt. Einer der unvergesslichen Höhepunkte: "Ich war bei der Luftbetankung der Präsidentenmaschine dabei." Mit solchen Erfahrungen glaubt der Neuling bestens zu einem streng hierarchisch ausgerichteten Orden zu passen - auch wenn dieser laut Statut allen Männer und Frauen offen steht, die einer christlichen Kirche angehören.