Strafvollzug Strafvollzug: Zu wenig Therapieplätze für Sexualstraftäter
Halle/ddp. - Nun hat er die Höchststrafe bekommen - lebenslangeSicherungsverwahrung.
Solche oder ähnliche Fälle sind es, die Diskussionen über Sinn undWirksamkeit einer Therapie von Sexualstraftätern immer wieder neuentfachen. In Halle treffen sich nun vom 26. bis 28. September über200 Ärzte, Psychologen und Kriminologen unter dem Motto«Herausforderungen der Sozialtherapie» zu einer Fachtagung. DieFachleute wollen über Behandlungsmethoden, Qualitätsmanagement oderNachbetreuungsformen beraten.
Sachsen-Anhalts einzige sozialtherapeutische Anstalt ist dieJustizvollzugsanstalt (JVA) Halle II. Sie wurde 2001 gegründet undverfügt über 116 Haftplätze für männliche Gefangene. Die Wirksamkeitder dort geleisteten Therapien untersucht Kai Bussmann,Lehrstuhlinhaber für Strafrecht und Kriminologie an derMartin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
In einer Langzeitstudie untersucht er die Verfassung der Häftlingeund dokumentiert deren Verhaltensänderungen. «Entgegen dem schlechtenRuf der Sozialtherapie von Sexualstraftätern ist sie erfolgreich undohne Alternative. Extrembeispiele von Rückfälligen verzerren häufigden Erfolg der Therapien», sagt Bussmann. Die Rückfallquote vontherapierten Sexualstraftätern liege zwischen 10 bis 20 Prozent, imRegelvollzug würde die Rückfallwahrscheinlichkeit hingegen bei 60Prozent liegen.
Die Sozialtherapie im Justizvollzug versucht mitpsychologisch-therapeutischen Verfahren, eine Verhaltensänderung derInsassen zu bewirken. Die Mehrzahl der Gefangenen sindSexualstraftäter, denen häufig grundlegende soziale Fertigkeitenfehlen. Eine Verhaltenstherapie ist notwendig, um zu verhindern, dassdie Betreffenden nach der Zeit im Strafvollzug erneut straffälligwerden. Ausschlaggebend für die Verlegung in einesozialtherapeutische Anstalt ist die Therapiebereitschaft desHäftlings. Haftlockerungen werden Gefangenen nur dann gewährt, wenndie Therapie angeschlagen hat und keine Fluchtgefahr besteht.
Bundesweit gibt es 47 sozialtherapeutische Einrichtungen mitinsgesamt knapp 2000 Haftplätzen. Nach Einschätzung von Bussmann zuwenig: «Es sind deutlich mehr Therapieplätze für Sexualstraftäternötig. Der Bedarf ist wesentlich größer als das gegenwärtigeAngebot», so der Kriminologe. Außerdem müssten die Ausgaben fürPrävention erhöht werden. Für Mittelkürzungen in diesem Bereich zahledie Gesellschaft letztendlich einen sehr hohen Preis, betontBussmann. Die durchschnittliche Auslastung der Einrichtungen lag imMärz 2007 bei rund 93 Prozent. Die Unterbelegung sei auch damit zubegründen, dass es schwierig sei, geeignetes Personal zu finden.