Stendal Stendal: «Das Kind hat jämmerlich geschrien»
Stendal/MZ. - Als der Junge mit dem Fahrrad an ihm vorbeifuhr, riss sich der Hund los, sprang das Kind an und verbiss sich in dessen Hals.
"Der Mann war völlig überfordert", so die Seniorin, die den Vorfall vom Balkon aus beobachtet hat. Laut Polizei gelang es ihm zunächst, den Hund vom am Boden liegenden Kind zu trennen. Er wurde aber in die Hand gebissen, ließ das Tier los, welches das Kind erneut attackierte. Erst dann konnte der Mann, der laut Polizei bislang als Hundehalter nicht negativ aufgefallen war, das Tier an einem Baum anleinen.
Das Kind wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und operiert. Die Polizei war zunächst bemüht, den Hund einfangen - ohne Erfolg. Auch ein Mitarbeiter des Stendaler Tierheimes versuchte nach eigenen Angaben 45 Minuten vergeblich, dem Hund eine Fangschlinge anzulegen. Er sprach am Montag von etwa 200 Schaulustigen, darunter viele Kinder. Als der sich zunehmend aggressiver gebärdende Hund erschossen wurde, habe dies viele Unmutsäußerungen von Zuschauern zur Folge gehabt. Zu Mitleidsbekundungen für den Hund kam es auch am Montag. So wurden vor Ort Blumen niedergelegt. Am Morgen war ein auf dem Asphalt aufgeklebtes Flugblatt entfernt worden, in dem die Polizei als Tiermörder verunglimpft wurde.
Dem zehnjährigen Sohn russlanddeutscher Einwanderer ging es am Montag einer Operation den Umständen entsprechend gut. Er konnte auf eine normale Station verlegt werden. "Seine Mutter ist bei ihm", so ein Krankenhaussprecher. Der Junge muss vermutlich noch zwei Wochen lang im Krankenhaus bleiben. Im Kreis Stendal gab es erst im Juli einen schweren Zwischenfall mit einem Kampfhund. Eine 92-Jährige wurde in Groß Rossau von einem American Staffordshire Terrier tödlich verletzt. In Stendal selbst gab es in den vergangenen Jahren keine Kampfhundattacken, sagte der Tierheimleiter und Vorsitzende des Tierschutzvereins, Dieter Lucznat. "Solche Hunde gibt es in der Stadt nur sehr wenige. Mit denen hatten wir bisher keine Probleme." Lucznat verteidigte die Entscheidung, den Hund zu erschießen: "So wie sich die Situation darstellt, gab es keine andere Möglichkeit."
Für weltweites Aufsehen sorgte am Montag auch eine Beißattacke im englischen Leicester. Dort hatten zwei Rottweiler ein Baby aus einem Kinderbett gerissen und totgebissen. Die als Wachhunde trainierten Tiere gehörten den Großeltern des Babys. Sie wurden eingeschläfert.
Der Autor ist Redakteur der Magdeburger Volksstimme.