Sparen - aber wie? Sparen - aber wie?: Neue Zweifel an Deubels Gutachten

Magdeburg/MZ - Sparen - aber wie? Ein Gutachten des ehemaligen rheinland-pfälzischen Finanzministers Ingolf Deubel soll Sparpotenziale aufzeigen. Doch an Deubels Berechnungen gibt es Zweifel. Nachdem bereits Deubels Berechnungen zu den Hochschulen kritisiert worden waren, sagte jetzt Justizministerin Angela Kolb (SPD) der MZ, ihr Haus könne die von Deubel für ihren Bereich auf 70 Millionen Euro bezifferte Einsparsumme nicht nachvollziehen. 90 Prozent ihres 400 Millionen Euro großen Etats seien durch Personalkosten und Rechtsverpflichtungen gebunden, eine Reduzierung sei daher kaum möglich. Deubel wies auf MZ-Anfrage grundsätzliche Kritik an seinem Gutachten scharf zurück, räumte allerdings ein, dass nicht in jedem Detail genaue Länder-Vergleiche möglich seien.
Die MZ dokumentiert die Zweifel und Deubels Reaktion.
Justiz: Auf 70 Millionen Euro beziffert Deubel das Konsolidierungspotenzial. „Wir können das rechnerisch nicht nachvollziehen“, sagte Justizministerin Angela Kolb (SPD). 70 Millionen Euro entsprächen fast 20 Prozent ihres Gesamtetats, der aber durch 60 Prozent Personalkosten und 30 Prozent Rechtsverbindlichkeiten nahezu unveränderlich sei. Kolb zeigte sich zudem irritiert darüber, dass Deubel Sachsen-Anhalt im Bereich Justiz mit Thüringen, beim Strafvollzug aber mit Sachsen vergleicht. Die Rechtspolitikerin der Linken, Eva von Angern, verwies darauf, dass Deubel 7,6 Millionen Euro für den Sozialen Dienst der Justiz und 400 000 Euro für die Stasi-Landesbeauftragte einsparen wolle. Deubel argumentiert, dass andere Länder in der betroffenen Titelgruppe so gut wie keine Ausgaben hätten. Von Angern zufolge habe Deubel dabei übersehen, dass Thüringen 650 000 Euro für seinen Landesbeauftragten ausgebe - der aber dem Landtag und nicht dem Justizministerium angegliedert ist. Und der Soziale Dienst sei in Thüringen auf Gerichte und Gefängnisse aufgeteilt, die Kosten im Haushalt würden daher an anderer Stelle auftauchten. Dies zu übersehen, sei „fachlich dumm“. Deubel räumte ein, dass es „Vergleichs-Störungen“ geben könnte, je tiefer man in Details gehe. Lege man die Gesamthaushalte der Länder jedoch nebeneinander, sei die Zuordnung in die Titelgruppen „völlig egal“.
Brandschutz: Sachsen-Anhalt gab im Jahr 2010 je Einwohner 49Euro für den Brandschutz aus; Niedersachsen und Schleswig-Holstein hingegen nur 37. Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvizes und Ex-Innenstaatssekretärs Rüdiger Erben wird der Vergleich verzerrt, weil Sachsen-Anhalt 28 Feuerwehrfahrzeuge im Jahr 2010 aus dem Konjunkturpaket II des Bundes finanziert habe - andere Länder nicht. Zudem zahle das Land an seine Kommunen keine Feuerschutzsteuer mehr, folglich hätten die Kommunen weniger Einnahmen als in anderen Ländern. Deubel sagt, auch andere Länder hätten Finanzmittel in den Brandschutz gesteckt.
Schulen: Der Bereich, in dem Deubel mit 470 Millionen Euro das größte Sparpotenzial sieht. Etwa, weil sich Sachsen-Anhalt deutlich weniger Schüler je Lehrer leiste als andere Bundesländer. Doch die Tücke steckt im Detail: Im Kabinett hieß es, Deubel habe die Schüler-Lehrer-Relation in Sachsen-Anhalt zu jenem Zeitpunkt mit Westländern verglichen, als dort aufgrund doppelter Abiturjahrgänge besonders viele Schüler auf einen Lehrer kamen. Deubel räumt das ein; der Westen schneide da deutlich besser ab, denn dort seien nicht die eigentlich nötigen Lehrer zusätzlich eingestellt wurden. Unabhängig davon komme er aber auch so zu „dramatischen Ergebnissen“ bei Ausgaben für die Schulen.
Hochschulen: Der Bereich in dem Gutachten, an dem sich die meiste Kritik entzündet. SPD-Politiker wie der Magdeburger Oberbürgermeister Lutz Trümper und der Bundestagsabgeordnete Burkhard Lischka warfen Deubel eine fragwürdige Methodik vor. Im Kern geht es langfristig um 50 Millionen Euro Einsparpotenzial. Der Magdeburger Hochschulrektor Andreas Geiger hält das für illusorisch: Sein Sparanteil an den 50 Millionen Euro liege bei 400 000 Euro jährlich: „Wenn das so kommt, müsste ich 50 der 145 Professuren an unserer Hochschule streichen - dann kann ich gleich zumachen.“ Deubel verteidigte seine Berechnungen; man wolle sein Gutachten aus politischen Gründen madig machen: „Lischka und Trümper wollen mein Gutachten zerreißen, weil es ihnen nicht passt.“ Und: „Wer in Zukunft noch mit 55 000 Studenten plant, ist ein Traumtänzer.“