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Schulfusion Schulfusion: Luther hat einen Streit verhindert

Von Ernst Krziwanie 20.08.2003, 19:49

Eisleben/MZ. - Sie sinken und sinken, die Schülerzahlen in Sachsen-Anhalt. Als Folge bleiben im am Donnerstag beginnenden neuen Schuljahr 89 Schulen geschlossen. Überlebenschancen bieten Fusionen.
Noch schweigt die Schulglocke. Die Steintreppen sind gescheuert, auf dem gebohnerten Fußboden ist kein Abdruck zu sehen. Belebt wird das Luther-Gymnasium vor dem Schulstart nur von Lehrern, die alles für das erste Klingeln vorbereiten.

Mindestens einmal steuert jeder den Raum 212 an, in dem eine große Magnettafel hängt. An ihr haften rote Herzchen, grüne Blätter, gelbe Pfeile und viele andere bunte Symbole. 41 Reihen waagerecht, 31 senkrecht. "Jedes Schildchen für einen bestimmten Kollegen, sein Fach, seine Unterrichtsstunden und den künftigen Tagesablauf an unserer Schule", erläutert Joachim Schütze. Während die Schüler und seine Kollegen noch die Feriensonne genießen konnten, schwitzte der stellvertretende Schulleiter beim Zusammenstellen des Stundenplanes für das neue Schuljahr.

Hilfe beim Zusammenfügen von mehr als 1450 Symbolen hat Heiko Fensterer geleistet. "Für den Stundenplan war sein Wissen über unsere neuen Schüler und Lehrer sehr hilfreich", sagt Schütze. Bis zum Ferienbeginn war Fensterer Mathematiklehrer am "Gymnasium in der Bergmannsallee". Nun gehört er zum Kollegium des Luther-Gymnasiums. Seine Schule gibt es nicht mehr. Wegen des Schülerrückganges musste sie mit dem traditionsreicheren Luther-Gymnasium fusionieren.

Mindestens 100 Jungen und Mädchen hätten sich in der einstigen Bergmannssiedlung für die fünften Klassen, die nach Wiedereinführung der zwölfjährigen Abiturzeit im Land erstmals wieder gebildet werden können, einschreiben müssen. Doch wie vielerorts wurde die vom Kultusministerium vorgegebene Mindestschülerzahl nicht erfüllt. Weil 19 Fünftklässler fehlten, beschloss der Kreistag im Mai das Aus des 1991 gegründeten "Gymnasiums in der Bergmannsallee". Weiter genutzt, mit dem Namen Luther, wird nur das Gebäude. "Für nun 1016 Schüler und 74 Lehrer hätten wir hier gar keinen Platz", so Schulleiter Hartmut Prieske.

Proteste oder Streit habe es wegen der Zusammenlegung nicht gegeben. "Davor hat uns wohl auch Martin Luther bewahrt", vermutet Prieske. Der größte Sohn der Stadt hatte schon einmal einen Streit verhindert. Einen zwischen den Mansfelder Grafen durch die Gründung "einer führnehmen lateinischen Schule" am 15. Februar 1546. Diese besteht bis heute im Geburts- und Sterbeort des Reformators, als Gymnasium mit seinem Namen.

Während die "Neuen" im traditionsreichen Haus noch Orientierungshilfe brauchen, bewegen Ilona Debrabant andere Probleme. "Nein, nicht das Zusammenfinden mit den neuen Kollegen, da gibt es keine Konflikte", betont die Deutsch- und Französisch-Lehrerin. Gedanken bereiten ihr die Wege zwischen den Unterrichtsstunden. Durch die Fusion wird in zwei Häusern gelernt. Die Klassen fünf bis neun in der Bergmannsallee, die höheren Stufen im Luther-Gebäude. Dazwischen liegen 15 Minuten Fußweg für die Pendler. "Na, warten wir mal ab. Vielleicht geht das ja auch so reibungslos, wie die Fusion vor dem ersten Klingeln."