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Zweirad-Laden Hoffmann Zweirad-Laden Brückenstraße Nienburg: Friedhelm Hoffmann ist Schrauber in vierter Generation

Von Carsten Roloff 26.11.2017, 08:55
Mit seinen hervorragenden Servicearbeiten an den Zweirädern hat sich Friedhelm Hoffmann einen Namen gemacht.
Mit seinen hervorragenden Servicearbeiten an den Zweirädern hat sich Friedhelm Hoffmann einen Namen gemacht. Engelbert Pülicher

Nienburg - Ein ganz leichter Hauch von Fahrrad- und Motorenöl liegt in der Luft, wenn man über die Schwelle des Zweirad-Ladens Hoffmann in Nienburg tritt. Die Kundschaft wird nicht nur von Inhaber Friedhelm „Pempe“ Hoffmann freundlich begrüßt, sondern auch vom knapp dreijährigen Drahthaar-Foxterrier Oskar, der um ein kleines „Leckerli“ bettelt.

Ein uraltes, schwarzes Motorrad, eine RT125, Baujahr 1954, ist der Hingucker in diesem Traditionsgeschäft. „Früher wurde ich für mein Lieblingsstück belächelt und heutzutage werde ich darum beneidet“, plaudert „Pempe“ Hoffmann aus dem Nähkästchen, der auf der Maschine Tausende Kilometer runtergeschrubbt hat und das mehr als 60 Jahre alte Wunderwerk der Technik immer noch voller Hingabe pflegt.

Zweirad-Laden in der Brückenstraße in Nienburg in vierter Generation

Der Zweirad-Laden in der Brückenstraße ist eine Institution in Nienburg und wird schon in der vierten Generation von Familie Hoffmann geführt. „Mein Uropa Friedrich Hoffmann hat vor mehr als 100 Jahren den Stein ins Rollen gebracht und damals das richtige Gespür gehabt.

Er hat die rasante Entwicklung neuer Technologien vorausgeahnt und auf das richtige Pferd gesetzt“, erzählt „Pempe“ Hoffmann. Im Jahr 1889 gründete Friedrich Hoffmann das Geschäft auf dem eigenen Grundstück und in den eigenen Gemäuern.

Der Nienburger begann mit dem Verkauf und der Reparatur von Fahrrädern und Motorfahrzeugen, bot außerdem Licht- und Kraftanlagen an. Davon zeugt ein mehr als 100 Jahre altes Marmorschild, das Elektriker bei Arbeiten in einem alten Haus fanden und dem Urenkel schenkten.

Erstes Telefon und erstes Auto in Nienburg

Firmengründer Friedrich Hoffmann besaß als einer der ersten Bürger der Stadt ein Telefon, und war der erste Besitzer eines Autos. Der Geschäftsmann fuhr im Jahr 1905 einen „Piccolo“. Das Gefährt bewegte sich dank eines luftgekühlten Zweizylinder-Motors fort, hatte eine einknöpfbare Frontscheibe sowie zwei Karbidlampen für Fahrten durch die Dunkelheit. Außerdem schlüpfte der findige Techniker in die Rolle des Fahrschullehrers. Im Schlosspark von Neugattersleben brachte er Fräulein von Alvensleben Anfang der 1920er Jahre das Autofahren bei.

Der Existenzgründer und sein Sohn Willy als Nachfolger und Elektroingenieur führten den Laden auch erfolgreich durch die beiden verheerenden Weltkriege. „Sie hatten das ganze große Glück wie mein Vater Friedrich-Wilhelm, nicht den Soldatenrock anziehen zu müssen“, so „Pempe“ Hoffmann, dessen Vater sich zu DDR-Zeiten jedoch auch umstellen und mit den neuen Rahmenbedingungen arrangieren musste.

Mitte der 1950er übernahm der Konsum den Laden

Mitte der 1950er Jahre übernahm der Konsum den Ladenbereich. Die Werkstatt existierte bis 1966, die Friedrich-Wilhelm Hoffmann dann schloss und in seinem eigenen Haus den Job des Konsum-Verkaufsstellen-Leiters übernahm.

„Die Leute sind damals nicht in den Konsum, sondern zu Hoffmanns gegangen“, erinnert sich Friedhelm Hoffmann an diese Zeiten zurück. „Wir hatten uns neben den Zweirädern auf die Campingschiene spezialisiert. Die Klappfixe (Wohnzeltanhänger) aus Olbernhau oder die Faltboote aus Pouch waren die großen Verkaufsschlager. Wir haben diese Ware zwar nur auf Zuteilung bekommen, aber trotzdem standen die Leute regelmäßig Schlange.“

Der 59-jährige waschechte Nienburger schloss nach seiner zehnjährigen Schulzeit an der damaligen POS „Karl Marx“ seine Lehre als Instandhaltungsmechaniker erfolgreich ab - laut eigener Aussage ein recht hochtrabender Begriff für die Bezeichnung Schlosser. Danach hat er als Kfz-Schlosser und Hebezeugwart im Agrochemischen Zentrum in Bernburg gearbeitet, war Lokführer und hat außerdem seinen Meister gemacht.

Wie seine Vorväter hat „Pempe“ Hoffmann beim Schrauben den richtigen Dreh raus. Nach dem Tod seines Vaters 1993 übernahm er von seiner Mutter Edeltraud 1997 die Geschicke des Unternehmens, das er als Einzelkämpfer bis zum heutigen Tag am Leben erhalten konnte. „Wir haben den Konsum nach der Wende nahtlos unter eigener Regie weitergeführt. Damit haben wir uns das Leben vielleicht schwerer gemacht als nötig“, so das Nienburger Urgestein.

„Ich komme gerade so allein über die Runden“

Aufkommende Probleme hat Friedhelm Hoffmann dank seines Erfindungsgeistes immer in den Griff bekommen und selbst schwierige Zeiten überstanden, jedoch nur als Alleinunterhalter. Für die Ausbildung eines Nachfolgers fehlten ihm sowohl die Zeit als auch die finanziellen Möglichkeiten.

„Ich komme gerade so allein über die Runden“, meinte der ehemalige begeisterte Trialfahrer, der als Meister des Bezirkes Halle erfolgreich an DDR-Meisterschaften teilnahm und sich mit seiner zweiten Ehefrau Syndie höchstens zehn Tage Urlaub im Jahr gönnt.

Zwei Wünsche hat Friedhelm Hoffmann für die Zukunft: ein zügiges Ende der Bauarbeiten in der Brückenstraße, unter denen der Umsatz leidet, und vor allem Gesundheit. „So lange ich fit bin, kann ich auch die Wünsche meiner Kunden erfüllen“, meinte der Geschäftsinhaber. (mz)

Friedhelm Hoffmann war immer ein begeisterter Motorradfahrer.
Friedhelm Hoffmann war immer ein begeisterter Motorradfahrer.
privat