Um 150 Prozent Wegen Defizit im Haushalt: Stadt Hecklingen im Salzlandkreis plant gewaltige Steuer-Erhöhung

Hecklingen - Hecklingens Stadtverwaltung will den Haushalt jetzt offenbar mit der Brechstange sanieren. Nach einer Beschlussvorlage der Verwaltung sollen die Steuerhebesätze für die Grundsteuern A und B sowie die Gewerbesteuern um 150 (!) Prozentpunkte angehoben werden.
Ziel ist, das prognostizierte Loch im Haushaltsplan komplett zu stopfen, um neue Kredite genehmigt zu bekommen. Aktuell fehlen rund 570.000 Euro. Dabei knöpft Hecklingen schon seinen Bürgern prozentual deutlich mehr ab als der Durchschnitt der Kommunen im Land.
Grundstückseigentümer, Landwirte und Geschäftsleute sollen zahlen
Betroffen von der geplanten Erhöhung sind Grundstückseigentümer, Landwirte sowie Gewerbetreibende, die rückwirkend ab Anfang des Jahres teilweise deutlich mehr Abgaben zahlen sollen. Bereits am Dienstagabend soll in einer speziell anberaumten Sitzung aller Ortschaftsräte in Hecklingen ab 18 Uhr erstmals darüber diskutiert werden.
Hintergrund für die bislang einmalige Aktion: Hecklingen will vorfinanzierte Anteile an der Erdgas Mittelsachsen GmbH über knapp 450.000 Euro von der Thüga Aktiengesellschaft ablösen. Damit soll langfristig mehr Geld in den eigenen Haushalt fließen. „Die Bereitstellungszinsen fressen fast die komplette Dividende auf“, sagte Hecklingens Bürgermeister Uwe Epperlein (WGH) der MZ.
Stadt kann ohne genehmigten Haushalt keinen Kredit aufnehmen
Zu der Ablösung gibt es bereits einen Grundsatzbeschluss des Stadtrates. Das Problem: Ohne Genehmigung des Haushaltsplans durch die Kommunalaufsicht kann die Stadt nicht den notwendigen Kredit aufnehmen.
Mit dem Vorstoß versetzte Epperlein allerdings das politische Hecklingen in helle Aufregung. Roger Stöcker (SPD) teilte der MZ mit: „Dass der Bürgermeister eine solche Erhöhung anstrebt, lässt vermuten, dass er das Gespür für seine Stadt völlig verloren hat.“
Stöcker und Taentzler widersprechen Bürgermeister Epperlein
Er hat eine „Aktuelle Debatte“ beantragt. Arthur Taentzler (CDU) sagte: „Das geht gar nicht.“ Er sehe keine Veranlassung für weitere Steuererhöhungen. Auch Stadtratsvorsitzende Christine Kern (WGH) sagte: „Ich werde dem nicht zustimmen.“ Man befinde sich damit auf dem Niveau deutscher Großstädte, könne bei den Lebensbedingungen aber nicht mithalten. „Was bieten wir denn noch?“
Epperlein (WGH) ruderte auf MZ-Anfrage am Montagnachmittag zurück. Er werde eine Änderung mit einer Erhöhung von „lediglich“ 20 Prozentpunkte bei den Grundsteuern und 30 Prozentpunkte bei den Gewerbesteuern vorschlagen. „Mir ist schon klar, dass der Vorschlag nicht durchgeht.“
Epperlein rudert bei MZ-Anfrage zurück
Er habe lediglich aufzeigen wollen, was für einen Haushaltsausgleich tatsächlich notwendig wäre. Er verwies außerdem darauf, dass die Erhöhung nur für das laufende Jahr hätte gelten sollten. Klar ist damit trotzdem, dass ein weiteres seiner zentralen Wahlversprechen obsolet ist.
Rückdeckung darf Epperlein von Cochstedts Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart (Linke) erwarten. Er sagte: „Wir sollten endlich klotzen und nicht kleckern.“ Die Stadt habe es in den letzten Jahren versäumt, Steuern anzupassen. Weißbart forderte zugleich aber den Bürgermeister dazu auf, „dafür zu sorgen, dass die Stadt lebenswert bleibt“.
Cochstedts Ortsbürgermeister Weißbart unterstützt Epperlein
Einen weiteren Teil zur Haushaltskonsolidierung müssen nach dem Willen der Verwaltung auch Eltern und Hundebesitzer beisteuern. So sollen die Kosten für einen Platz in einer Kindertagesstätte um 20 Prozent steigen - ausgenommen ist nur der Kita-Bereich. Für einen Krippenplatz mit achtstündiger Betreuungszeit wären statt 137 dann 164 Euro fällig. Hundebesitzer sollen für das erste Tier 20 und das zweite Tier 60 Euro mehr bezahlen. (mz)