SEK-Einsatz in Barby SEK-Einsatz in Barby: Polizei nimmt Ermittlungsarbeit nach tödlichen Schüssen in Groß Rosenburg auf

Barby - „Natürlich ist man erst einmal geschockt“, sagte Karin Knopf am Morgen nach den tödlichen Schüssen, die bei einem SEK-Einsatz am Abend zuvor gefallen sind. „Von solchen Familiendramen liest man sonst nur in der Zeitung. Das ist immer weit weg. Aber wenn es im eigenen Ortsteil der Stadt passiert, ist man sehr betroffen“, berichtet die Amtsleiterin der Stadt Barby, zu der Groß Rosenburg gehört. Mit Bestürzung seien die ersten Informationen über den tödlichen Zwischenfall von den Menschen aufgenommen worden.
„Die Ermittlungsarbeit läuft jetzt an“, sagt derweil Oberstaatsanwalt Frank Baumgarten in Magdeburg. So müssten etwa die frischen Informationen geordnet und Zeugen vernommen werden. In dem 1.540 Einwohner zählenden Groß Rosenburg an der Saale befragte die Polizei am Tag nach dem Vorfall Nachbarn. Das beigefarbene Haus mit dem gepflegten Vorgarten war abgesperrt. Es liegt in einer Siedlung von Einfamilienhäusern in einer sehr ruhigen Gegend.
Getöteter stammt auf Jäger-Familie
Nach Informationen der „Bild“-Zeitung stammt der 31-Jährige, der in der Nacht zum Donnerstag erschossen wurde, aus einer Jäger-Familie. Baumgarten äußert sich dazu nicht direkt: „Er war waffenbesitzberechtigt“, sagt der Oberstaatsanwalt. Der Mann habe Langwaffen besessen. Diese seien bei Jägern durchaus üblich. Der 31-Jährige sei zuvor nie polizeilich in Erscheinung getreten. Was sich genau in dem Einfamilienhaus abspielt habe, müsse noch ermittelt werden. Die Leiche des Mannes sei derzeit in der Rechtsmedizin. Die Experten dort sollen die genaue Todesursache klären. Mit Ergebnissen wird in den kommenden Tagen gerechnet.
Erster Toter bei SEK-Einsatz
Der Einsatz in Groß Rosenburg ist der erste des SEK in Sachsen-Anhalt, bei dem ein Mensch ums Leben gekommen ist, teilte das Landeskriminalamt am Donnerstag in Magdeburg mit.
In Heldrungen in Nordthüringen haben Polizisten am 27. Juni 1999 in einem Hotel versehentlich einen 62-jährigen Touristen aus Köln (Nordrhein-Westfalen) erschossen. Sie hielten ihn für den gesuchten Mörder Dieter Zurwehme. Gegen die beiden Polizisten wurde später wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Erfurt stellte das Verfahren im Februar 2003 jedoch ein. Auch ein Klageerzwingungsantrag der Angehörigen des Opfers wurde später vom Oberlandesgericht in Jena abgelehnt.
Die speziell ausgebildeten Polizisten greifen bei akuten Bedrohungslagen ein - etwa, wenn es Hinweise auf gewalttätige Tatverdächtige gibt oder den Besitz von Schusswaffen. 2015 hatten die Beamten 109 Einsätze gehabt. In einem Fall sei dabei von der Schusswaffe Gebrauch gemacht worden - aufgrund einer Bedrohungssituation. Dabei sei aber niemand verletzt worden. In fünf Fällen hätten sich Beschuldigte leicht verletzt, als sie Widerstand leisteten. In einem Fall sei eine Schockbehandlung aufgrund einer Kreislaufschwäche erfolgt.
Letztmals sorgte ein Spezialkommando im Jahr 2012 für Furore. Damals hatten die Einsatzkräfte ein schmuckes Wohnhaus in Oberhausen im Saalekreis gestürmt. Eine Panne, denn die Razzia galt eigentlich einem mutmaßlichen Drogendealer, der jedoch ein Haus weiter wohnte. Die Beamten hatten die Grundstücke verwechselt und die falsche Wohnung gestürmt. Zurück blieb eine verstörte Mutter von zwei Söhnen, die auch noch knapp ein Jahr nach dem Einsatz sagte: „Ich habe es nicht verarbeitet, bin in ärztlicher Behandlung.“
Die damals beteiligten Polizisten blieben jedoch straffrei. Staatsanwalt Klaus Wiechmann sprach zwar seinerzeit von einer völlig ungenügenden Einsatzvorbereitung des Spezialkommandos, stellte das Verfahren gegen die Beamten jedoch ein. „Als klar war, dass sie in das falsche Haus gestürmt sind, wurde der Einsatz sofort abgebrochen und medizinische Hilfe angefordert“, erklärte Wiechmann. Der damalige Kripochef entschuldigte sich bei der Familie, alle Schäden wurden repariert.
Der Einsatz in Groß Rosenburg ist der erste des SEK in Sachsen-Anhalt, bei dem jemand ums Leben gekommen ist. Mit Ausnahme des aktuellen Falls sei bei einem Einsatz des Spezialeinsatzkommandos im Land niemand getötet worden, teilte das Landeskriminalamt am Donnerstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Magdeburg mit.
2015 hatten die Beamten demnach 109 Einsätze. In einem Fall sei 2015 von der Schusswaffe Gebrauch gemacht worden aufgrund einer Bedrohungssituation. Dabei sei aber niemand verletzt worden.
In 5 Fällen hätten sich Beschuldigte leicht verletzt, als sie Widerstand leisteten. In einem Fall sei eine Schockbehandlung aufgrund einer Kreislaufschwäche erfolgt.
In den vergangenen Jahren gab es einige spektakuläre SEK-Einsätze. Beim Versuch, vor den Spezialkräften zu fliehen, sprang im Januar 2016 ein 30-jähriger Straftäter in den eiskalten Wilslebener See im Salzlandkreis - nur um wenig später vom SEK gerettet zu werden. Nur wenige Monate später, im April 2016, musste das SEK einen 36-jährigen Akener bändigen. Der Mann hatte die Polizisten auf offener Straße mit einer Machete bedroht und sich anschließend in seiner Wohnung verschanzt. (mz/dpa)