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Neues Arbeitszeit-Modell Lebensarbeitszeitmodell in der Schloß Hoym Stiftung: Weniger Geld, mehr Freizeit für Mitarbeiter

Von Regine Lotzmann 10.07.2018, 07:56
Mandy Triebel (li.) arbeitet im Aktivitätentreff bei der Schloß Hoym Stiftung. Sie schätzt die Sicherheit, die das Modell im Notfall bietet.
Mandy Triebel (li.) arbeitet im Aktivitätentreff bei der Schloß Hoym Stiftung. Sie schätzt die Sicherheit, die das Modell im Notfall bietet. Gehrmann

Hoym - Mandy Triebel hat immer ein sonniges Lächeln im Gesicht. Die 30-Jährige lobt, gibt Antworten, geht bei den kleinen Anhängern zur Hand, die später an die selbstgegossenen Kerzen sollen - und hat dabei ganz viel Geduld.

Denn die Heilerziehungspflegerin kümmert sich im Aktivitätentreff des Hoymer Schlosses um Menschen mit Behinderung. Eine schöne, aber auch anstrengende Arbeit, die nun durch ein neues Angebot etwas leichter werden soll.

Teil des Brutto-Lohns wird auf Treuhandkonto gezahlt

„Die Belastung von unseren Mitarbeitern ist enorm hoch, dem wollen wir entgegenwirken, indem wir in besonderen Situationen Freiräume schaffen“, spricht Geschäftsführer René Strutzberg über das Lebensarbeitszeitmodell, das die Schloß Hoym Stiftung nun als einer der ersten Arbeitgeber in der Region anbietet.

Dabei können Mitarbeiter von ihrem Brutto-Lohn regelmäßig eine selbstbestimmte Summe Geld abgeben und sparen damit Arbeitszeit an. „Sie müssen jetzt noch nicht sagen, wann und wofür sie diese freie Zeit einsetzen wollen. Das können sie flexibel entscheiden“, sagt Strutzberg.

Auszeit oder früherer Ruhestand sind möglich

So könnten die Mitarbeiter etwa bei vollem Lohn früher in den Ruhestand gehen, mal ein Jahr Auszeit nehmen und durch Australien reisen, die Eltern pflegen oder die Elternzeit verlängern. Und das alles ohne Einbußen beim Gehalt.

Ein Modell, das die Stiftung in Kooperation mit der Salzlandsparkasse eingeführt hat. Und das kurz nach dem Start schon von 15 Prozent der 360-köpfigen Belegschaft angenommen wird. „Wir wollen damit ein Stück weit den Bedürfnissen der heutigen Gesellschaft entgegenkommen, auf die ständige Erhöhung des Renteneinstiegsalters reagieren“, sagt der Geschäftsführer, dessen Projekt deshalb auch unter dem Namen „Zukunft gestalten“ steht.

Obwohl das alles nicht ganz einfach sei, gesteht Strutzberg und sagt: „Die Herausforderung besteht darin, für die Auszeit der Mitarbeiter gleichwertigen Ersatz zu finden.“ Und auch die Kosten für die Eröffnung der Treuhandkonten und die Verwaltung des Vermögens zahlt die Stiftung selbst.

Stiftung will Mitarbeiter dadurch mehr an sich binden

Aber diese Anstrengung lohne sich - für die dann entspannteren Mitarbeiter, aber auch für das Unternehmen selbst. „Wir versprechen uns davon eine bessere Mitarbeiterbindung und Vorteile bei der Suche nach neuen Fachkräften. Das soll uns einfach als Arbeitgeber attraktiv machen.“

Wofür Mandy Triebel ihre angesparte Freizeit einmal nutzen will, kann sie noch nicht sagen. „Nichts ist so unplanbar wie das Leben. Man weiß nicht, was kommt.“ Eine große Weltreise wolle sie nicht machen. Aber sie habe ein fünfjähriges Kind, Eltern, die vielleicht mal Pflege brauchen.

Mandy Triebel lobt die Flexibilität des Modells

„Da etwas in der Hinterhand zu haben, fand ich nicht verkehrt“, begründet die 30-Jährige, warum sie dieses Angebot nutzt. „Man ist flexibler, muss sich keine Gedanken um den Notfall machen.“ Und wenn sie die Zeit nicht brauche, gehe sie eben am Ende eher in den Ruhestand.

Das möchte auch Beate Blaßfeld - 52, aus Schadeleben -,die als Küchenleiterin in der Stiftung arbeitet und mit ihrem elfköpfigen Team täglich bis zu 370 Essen kocht. „Für das ganze Schloss und die Außenwohngruppen.“ Sie tanzt geradezu durch die Küche, in der es dampft und qualmt, rührt mit einem riesigen Löffel in einem silbernen Kessel herum. Was es gibt? Der Menüplan ist auf einer grünen Schultafel aufgelistet.

Seit 2014 arbeitet die gelernte Diätköchin, die vorher in einem Krankenhaus tätig war, nun schon in Hoym. Seit letztem Jahr sogar als Chefin der Küche. Ihr macht die Arbeit Spaß. „Das hier ist wie ein Sechser im Lotto und ich habe ein Superteam“, sagt sie und freut sich, dass sie in der Stiftung gelandet ist.

„Aber ich denke“, erklärt sie, warum auch sie am Lebensarbeitszeitmodell teilnimmt, „63 ist ein schönes Alter, um in Rente zu gehen.“ Dann habe die 52-Jährige noch genügend Zeit und Kraft für ihre Hobbys, fürs Reisen, den Karneval und das Kochen für die Familie. (mz)

Beate Blaßfeld liebt ihre Arbeit als Küchenchefin in der Schloß Hoym Stiftung. Trotzdem würde sie gern eher in den Ruhestand gehen.
Beate Blaßfeld liebt ihre Arbeit als Küchenchefin in der Schloß Hoym Stiftung. Trotzdem würde sie gern eher in den Ruhestand gehen.
Gehrmann