22.000 Euro für einen Hektar Bauernverband Nordharz warnt: Ackerland wird zum Objekt für Spekulanten

Hoym - Niedrige Zinsen, sogar Negativzinsen für Anlagen: Viele Geldanleger haben eine neue Anlagequelle entdeckt: Ackerland. Mit Boden erwirbt man nämlich etwas Beständiges, das nicht an Wert verliert. Die Entwicklung betrachten nicht nur die hiesigen Landwirte mit Sorge.
„Das Thema ist brisant, der Boden wird zunehmend zum Spekulationsobjekt“, weiß der Vorsitzende des Bauernverbandes Nordharz, Wilfried Feuerstack. Ein Blick in den Grundstückmarktbericht des Landes-Gutachterausschusses gibt ihm Recht: Die Preise für Ackerland sind weiter angezogen.
Betrug der Quadratmeterpreis im Harz 2006 im Durchschnitt noch 80 Cent, so sind es 2017 bereits 1,80 bis zu 2,60 Euro - je nach Bodengüte. Frank Zedler, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Agrargesellschaft Hoym, nennt 50 Pfennig Anfang der 90er Jahre und heute 2,20 Euro bei einer Bodenwertzahl von 85. „Das ist eine enorme Wertsteigerung.“
„Eine enorme Wertsteigerung“
Eigentlich ist im Grundstücksverkehrsgesetz alles klar geregelt. Wenn ein Stück Ackerland verkauft wird, dann hat ein Landwirt Vorrang beim Kauf. Da gibt es zum Beispiel auch die Klausel, dass bei Landverkäufen unter zwei Hektar praktisch jeder den Zuschlag erhalten kann, ohne dass ein Amt dazu seine Zustimmung geben muss. Das ist nicht schlimm? Ist doch egal, wem das Land gehört? Landwirte sehen das nicht so.
„Der Boden ist das Wichtigste, was wir haben. Der gehört in die Hände der Landwirtschaft“, sagt Zedler. Sein Betrieb könne gut damit leben, wenn das Eigentum breit gestreut ist, Hoymer Bürger und Mitarbeiter Eigentümer sind, von denen es seine GmbH dann pachtet. Nur knapp 20 Prozent der von der Hoymer Agrargesellschaft bewirtschafteten 1.250 Hektar Ackerflächen gehören ihr.
„Warum verkaufen Land und Bund das Tafelsilber?"
Dass die Landgesellschaft Sachsen-Anhalt im Auftrag des Landes und die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) im Auftrag des Bundes immer wieder Flächen zum Verkauf ausschreiben, hält Zedler für einen Fehler. „Ich weiß nicht, warum man als Land und Bund das Tafelsilber veräußern muss. Das sind ja Dinge, die einen gewissen Wert haben.“
Der Boden müsse zu den Landwirten, sagt er. Für die Landwirte ist das Ackerland, das verkauft wird, schließlich das wichtigste Produktionsmittel. Damit bestreiten die Pflanzenbauern ihren Lebensunterhalt. Aus Sonnenenergie, Saatgut, Luft und Regen werden Nahrungsmittel produziert. Ohne Acker keine Landwirtschaft. Doch es sei schon eine Frage, ob man sich bei der Praxis der Höchstgebotsausschreibung als Landwirt noch Acker leisten kann und will, sagt Zedler.
Geld wird in Acker „geparkt"
Spekulanten würden oft bieten, um Geld im Acker zu parken. „Zum Teil werden unvernünftige Preise gezahlt, sonst ist es weg“, weiß Zedler. Dass so viele Bundes- und Landesflächen immer wieder ausgeschrieben werden, führe auch dazu, dass die Preise hochgegangen sind. Allerdings gebe es auch Regionen mit noch höheren Bodenpreisen und welche mit niedrigeren Bodenpreisen, weiß Frank Zedler. „Nur man muss es erwirtschaften.“
Ein Problem sei, dass die Bodenwertzahlen hier hoch sind, aber Hoym im Regenschatten des Harzes liegt und die Landwirte mit 450 Liter Niederschlag je Quadratmeter im Jahr auskommen müssen, während es in Hildesheim 800 Liter seien. „Das wird bei der Preisfindung nicht berücksichtigt, hat aber Auswirkung auf den Ertrag.“
Acker kaufen oder investieren
Wenn Landwirte 22. 000 Euro für einen Hektar Acker zahlen, würde das Geld für Investitionen in Technik fehlen, so dass es als totes Kapital ökonomisch gar nicht so sinnvoll erscheine, Acker zu kaufen, auch wenn die Landwirte es über die Pachteinsparung bald wieder raus hätten.
Die Hoymer Agrargesellschaft wurde 1992 gegründet. Sie war kein Nachfolger einer LPG, hat aber von der Vermögensverwertungsgesellschaft der alten LPG Vermögensgegenstände wie die Ställe erworben. Sie hat heute Äcker von rund 600 Eigentümern gepachtet.
Dass es so viele sind, führt Zedler auf die nach 1945 in Hoym übliche Praxis zurück, nach der zu jedem Wohngrundstück ein Stück Acker, sogenannte „Hauskabel“ mit 850 bis 1.100 Quadratmetern, gehörten. (mz)