Sachsen Sachsen: Hakenkreuz wurde in die Haut geritzt

Mittweida/dpa. - Der Vorfall ereignete sich bereits Anfang November. Polizei und Staatsanwaltschaft, die die Angaben der jungen Frau und des Kindes für glaubhaft halten, gingen am Freitag auf der Suche nach Zeugen an die Öffentlichkeit.
Der Angriff spielte sich in den Abendstunden des 3. November aufdem Parkplatz eines schon geschlossenen Supermarktes ab. Die junge Frau zeigte das Geschehen aber erst neun Tage später an, nachdem sie sich ihrer Mutter anvertraut hatte. Die Tat soll - so das Opfer - von Anwohnern beobachtet worden sein, die auf Balkonen standen. Zeugen haben sich bislang jedoch nicht gefunden.
Das von den Neonazis bedrängte sechsjährige Mädchen weintebereits, als die Jugendliche einschritt, beschrieb die Polizei den Vorfall. Die vier glatzköpfigen Männer ließen von dem Kind ab, stürzten sich stattdessen auf die 17-Jährige und rissen sie zu Boden. Drei hielten sie fest, so dass ihr einer der Täter das Nazi-Symbol im Hüftbereich in die Haut ritzen konnte. Die Männer versuchten danach noch, der Jugendlichen mit einem «skalpellartigen Gegenstand» eine Rune ins Gesicht zu stechen. Das scheiterte jedoch an der heftigenGegenwehr der 17-Jährigen.
Die Polizei hat einen Tatverdächtigen aus dem Raum Burgstädtermittelt, dieser ist jedoch weiter auf freiem Fuß. Bei derDurchsuchung seines Zimmers in der elterlichen Wohnung fanden die Beamten unter anderem mit Sand gefüllte Lederhandschuhe und einen Button der verbotenen Neonazi-Kameradschaft «Sturm 34», die in Mittweida agierte.
Dem Amtsgericht Chemnitz war der Tatverdacht aber nichtausreichend nachgewiesen. Es lehnte den Antrag auf Untersuchungshaft ab. Nun wird mit Phantombildern nach den Tätern gesucht. Sie sollen zwischen 20 und 25 Jahren alt sein. Zwei von ihnen trugen Jacken mit der Aufschrift «NSDAP», einer hatte Runen auf den Fingern tätowiert.
In Mittweida war zu Jahresbeginn die Zahl der Übergriffe mitrechtsextremem und ausländerfeindlichem Hintergrund massiv gestiegen. Im April reagierte Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) und verbot die Kameradschaft «Sturm 34». Seitdem war es in der Region relativ ruhig geworden. Viele Mitglieder der Organisation warten noch auf ein Gerichtsverfahren.
Mittweidas Bürgermeister Matthias Damm kritisierte angesichts des Vorfalls den schleppenden Fortgang der Verfahren: «Stadt, Landkreis, Polizei und Innenministerium sehen Rechtsextremismus als das große Problem bei uns an - nur die Justiz setzt keine Prioritäten.» Dabei hat er das Verfahren gegen den mutmaßlichen Rädelsführer der Kameradschaft im Blick: Zunächst sei die Ladung des Angeklagten im Gefängnis verschlampt worden. Dann habe sich herausgestellt, dass ein Großteil der Taten am falschen Gericht angeklagt worden sei. «Solche Fehler dürfen in einem solchen Fall einfach nicht passieren.»
Zudem beklagte Damm mangelnde Zivilcourage in seiner Stadt: «Esist eine Schande, wenn Menschen in einem solchen Fall wegschauen.» Dafür habe er kein Verständnis. Er erwarte von den mutmaßlichen Zeugen die Courage, die die 17-Jährige gezeigt habe.