1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Kommentar zur Organspende: Unzumutbar ist das nicht

Kommentar zur Organspende Unzumutbar ist das nicht

Die jetzt erneut im Bundestag debattierte Widerspruchslösung geht an Grenzen, dient aber einem guten Zweck.

Von Hagen Eichler 24.06.2024, 18:08
MZ-Kommentator Hagen Eichler
MZ-Kommentator Hagen Eichler (Foto: Andreas Stedtler)

Magdeburg/MZ - Es gibt nur wenige Themen, bei denen der Bundestag so direkt in den privatesten, intimsten Bereich des Menschen eingreift wie bei einer Regelung des Organspendewesens. Es geht hier nicht nur um den menschlichen Körper, über den jeder ganz allein bestimmen will und kann.

Es geht darüber hinaus um das, was nach dem eigenen Tod passiert. Die wenigsten denken gern darüber nach, wie jeder Bestatter und jeder Pfarrer aus eigener Erfahrung weiß. Wenn der Staat künftig, wie es eine fraktionsübergreifende Initiative im Bundestag vorschlägt, von jedem Deutschen eine Entscheidung für oder gegen die Organspende verlangt, ist das also eine heikle Angelegenheit.

Es geht um jene, die sich nie die Mühe eienr Entscheidung gemacht haben

Bislang stehen für die Entnahme von Organen nur die wenigen überzeugten Spender mit dokumentierter Willensbekundung zur Verfügung. Die geplante Neuregelung hingegen will den Zugriff auf die große Zahl derjenigen, die eine Organspende zwar grundsätzlich für eine gute Sache halten, sich selbst aber nie die Mühe gemacht haben, den orange-blauen Kartonschnipsel auszufüllen und die Einverständniserklärung in das eigene Portemonnaie zu stecken.

Eine fehlende Festlegung als Zustimmung zu deuten, ginge im Verhältnis zwischen Staat und Bürgern in fast allen Lebensbereichen zu weit. Beim Thema Organspende kann man zu einem anderen Ergebnis kommen – jedenfalls dann, wenn man den staatlichen Eingriff mit dem Ziel ins Verhältnis setzt. Es geht hier um das Retten von Menschenleben.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Tausende Menschen, Unfallverletzte oder auch seit langem siechende Patienten, setzen ihre ganze Hoffnung darauf, dass ein anderer bereit ist, nach dem eigenen Tod ein Organ zu geben. Zusätzliche Spender würden mit dem Tod ringenden Menschen eine zweite Chance geben. Im Gegenzug verlangt das Gesetz von allen lediglich eine Entscheidung – ganz egal, wie diese ausfällt. Wer sich ehrlich selbst befragt, muss sich eingestehen: Unzumutbar ist das nicht.