AOK-Analyse Stürze, falsche Arznei, Dehydration - wo in Sachsen-Anhalt die Top- und die Flop-Pflegeheime liegen
Im Bundesvergleich sind die Pflegeheime in Sachsen-Anhalt gut aufgestellt. Regional gibt es laut einer AOK-Analyse aber deutliche Unterschiede. In welchen Kreisen sich die Gewinner befinden - und wo die Verlierer.

Halle/MZ - Jedes Jahr veröffentlicht die Heimaufsicht Sachsen-Anhalt ihren Prüfreport. Darin wird aufgeschlüsselt, wie oft die Pflegeheime im Land kontrolliert werden und welche Mängel die Prüfer dabei feststellen. 2022 etwa gab es 742 Beanstandungen. Damit sagt der Bericht zwar, was gerade in Sachsen-Anhalts Heimen schief läuft. Er verrät allerdings nicht, wo das geschieht. Antworten auf diese Frage liefert nun eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK. Und die offenbart regional deutliche Unterschiede in Sachsen-Anhalt.
Sachsen-Anhalt ist bei vier Themen in der Spitzengruppe
Für die Auswertung wurden Daten aus dem Jahr 2021 von 16.000 AOK-versicherten Pflegeheimbewohnern im Land herangezogen. Geschaut haben die Experten nach zehn Themen - von für Ältere ungeeigneter Medikamentation über vermeidbare Stürze bis fehlender augenärztlicher Versorgung. Im bundesweiten Vergleich schneidet Sachsen-Anhalt dabei gut ab. „Insgesamt liegt das Land bei acht von zehn Versorgungsthemen mit den Qualitätswerten unter der besten acht Bundesländern, bei vier Themen sogar unter den besten vier“, sagte Anna-Kristina Mahler, Sprecherin der AOK Sachsen-Anhalt.
Punkten kann das Land etwa mit wenigen sturzbedingten Klinikaufenthalten (Platz 2) , der seltenen Gabe ungeeigneter Medikamente (Platz 2) sowie der Vermeidung von Krankenhauseinweisungen am Lebensende (Platz 4). Schlecht hingegen sieht es aus bei Demenzpatienten, die wegen Flüssigkeitsmangels in Behandlung müssen (Platz 12) und bei der Augenärztlichen Versorgung (Platz 8).
Im Salzlandkreis werden zu lange Schlafmittel verabreicht
Der Blick auf die Kreisebene offenbart zudem große Qualitätsabweichungen. Ein Beispiel sind die verordneten Beruhigungs- und Schlafmittel. „Eigentlich sollten pflegebedürftige Menschen maximal vier Wochen mit den untersuchten Schlaf- und Beruhigungsmitteln behandelt werden“, erklärte Britta Müller, Leiterin der Pflegekasse bei der AOK Sachsen-Anhalt. Denn bei Dauereinnahme drohten unter anderem Abhängigkeit, erhöhte Sturzgefahr, die Entstehung von Angstgefühlen sowie Depressionen und Aggressionen.
Diese negativen Wirkungen beachten die Pflegeheimen im Burgenlandkreis laut der Daten am meisten. Dort wurde lediglich bei 0,75 Prozent der AOK-versicherten Pflegeheimbewohner eine Dosierung, die über die vier Wochen hinausging, festgestellt. Also nicht einmal bei einem von einhundert Senioren. Anders sieht das im Saalekreis aus, wo immerhin 6,01 Prozent der Heimbewohner zu lange Schlaf- und Beruhigungsmittel bekamen. Das ist allerdings nichts gegen den Kreis Merzig-Wadern im Saarland. Dort wurden jedem vierte Pflegebedürftigen die Mittel zu lange verabreicht.
Top-Pflegeheime im Burgenlandkreis, Flop-Pflegeheime im Saalekreis
Über alle Kategorien hinweg finden sich nicht nur im Burgenlandkreis, sondern auch im Kreis Stendal sowie in Halle die Top-Pflegeheime. Es folgen Magdeburg, der Salzlandkreis und Dessau-Roßlau. Die Flop-Heime befinden sich hingegen im Saalekreis, dem Altmarkkreis Salzwedel sowie dem Kreis Harz. Hier die komplette Rangfolge:
- 1. Platz: Kreis Stendal
- 2. Platz: Burgenlandkreis
- 3. Platz: Halle (Saale)
- 4. Platz: Magdeburg
- 5. Platz: Salzlandkreis
- 6. Platz: Dessau-Roßlau
- 7. Platz: Kreis Wittenberg
- 8. Platz: Kreis Mansfeld-Südharz
- 9. Platz: Kreis Börde
- 10. Platz: Kreis Anhalt-Bitterfeld
- 11. Platz: Kreis Jerichower Land
- 12. Platz: Kreis Harz
- 13. Platz: Altmarkkreis Salzwedel
- 14. Platz: Saalekreis
Gründe für die mangelhafte Betreuung bietet die AOK-Analyse nicht. Es wird nur angeregt, die Analyse zur Qualitätssicherung sowie der Weiterentwicklung der Versorgungsangebote vor Ort zu nutzen. Deswegen wurden alle Daten auf der Online-Plattform „Qualitätsatlas-Pflege“ veröffentlicht. „Das neue Portal bietet den Verantwortlichen in den Regionen, aber auch den Kranken- und Pflegekassen ab sofort die Chance, regionale Auffälligkeiten zu erkennen und gezielt anzugehen“, erklärte Britta Müller.
Anders als die AOK-Erhebung nennt der Report der beim Landesverwaltungsamt angesiedelten Heimaufsicht durchaus Gründe für die festgestellten Mängel. Demnach seien 279 der 742 Beanstandungen auf die Fachkräftequote, die Personalausstattung und die Mitarbeiterqualifikation zurückzuführen. „Mit wachsender Sorge sehe ich die durch den Fachkräftemangel entstehenden Probleme“, erklärte dazu Landesverwaltungsamts-Präsident Thomas Pleye. Laut Heimaufsicht gab es 2022 in Sachsen-Anhalt 463 stationäre Einrichtungen für ältere, pflegebedürftige Menschen mit rund 31.600 Plätzen.